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Befehl zu erheben (H. Schulze). Damit kommt man aber nicht
weiter, wenn der Befehl wiederholt wird. Man hat ferner dem
untergeordneten Beamten ein formelles Prüfungsrecht, nach der
eigenen Zuständigkeit, der des Befehlenden und der Form des Befehls,
zusprechen wollen (Laband). Damit macht man den untersten Be-
amten zum obersten Kompetenzgerichtshofe. Vielmehr ist zu unter-
scheiden zwischen Prüfungsrecht und Prüfungspflicht. Ein Prüfungs-
recht hat der untere Beamte allgemein. Wenn er aber auf Grund
dieser Prüfung den Gehorsam verweigert, tut er es auf eigene Ge-
fahr. Eine Prüfungspflicht hat er nur nach der Richtung, ob die
befohlene Handlung gegen das Strafgesetz verstößt. Kommt er zu
dieser Uberzeugung, so muß er den Gehorsam verweigern, da Hau-
deln auf Grund eines Dienstbefehls. kein Strafausschließungsgrund ist.
Die Beamten unterliegen auch in ihrem Privatleben mannig-
fachen Beschränkungen. So ist die Ubernahme von Nebenämtern
und Nebenbeschäftigungen mit fortlaufender Remuneration nur
unter Genehmigung der Zentralbehörde zulässig. Dasselbe gilt —
in Preußen nach dem Gesetze vom 10. Juli 1874 — für die
Beteiligung bei Gründung und Verwaltung von Aktien= und ähn-
lichen Erwerbsgesellschaften, wo dem Beamten eine entgeltliche
Tätigkeit im Vorstand oder Aufsichtsrat gänzlich untersagt ist.
Der Beamte soll sich endlich auch außerhalb seines Amtes
so verhalten, wie es die Achtung, die Würde und das Vertrauen
seines Berufes erfordern. Wann eine solche Verletzung der all-
gemeinen Dienstpflichten vorliegt, ist Tatfrage. Von besonderer
Wichtigkeit ist das politische Verhalten der Beamten. Abgesehen
von den jederzeit zur Disposition stellbaren politischen Beamten,
von denen eine positive Unterstützung der Regierungspolitik er-
wartet wird, nehmen die Beamten, gerade weil wir kein parlamen-
tarisches System haben, eine freiere Stellung ein. Selbst Oppo-
sition gegen die Regierungspolitik steht ihnen offen, soweit dabei
angemessene Formen gewahrt werden. Nur Belätigung im Interesse
grundsätzlich staatsfeindlicher Parteien, wie Sozialdemokraten, Polen,
Welfen, gilt als unvereinbar mit der Stellung des Beamten.
Dieses umfassende Pflichtverhältnis muß erzwungen werden
können. Das Zwangsmittel bildet die Disziplinarstrafe. Sie ist