Full text: Grundriß des Verwaltungsrechts in Preußen und dem Deutschen Reiche.

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Kommunalverwaltung in den bereits erörterten Formen der Bean- 
standung und Zwangsetatisierung, gegen die dann die betroffenen 
Gemeindeorgane die Klage im Verwaltungsstreitverfahren haben. 
Neben den Landgemeinden stehen allgemein mit Ausnahme der 
Rheinprovinz, des Regierungsbezirks Wiesbaden und der Hohen- 
zollernschen Lande die selbständigen Gutsbezirke, geschichtlich er- 
wachsen aus den Rittergütern und standesherrlichen Besitzungen. 
Sie gehören einer Gemeinde nicht an und bilden keine öffentlich- 
rechtliche Korporation. Doch ist ihr Gebiet öffentlichrechtlich fest- 
gelegt und kann nur wie das der Gemeinde geändert werden. Alle 
öffentlichen Lasten, die sonst der Gemeinde obliegen, hat hier der 
Gutsbesitzer zu tragen, so daß es Gemeindesteuern nicht gibt. Die 
obrigkeitlichen Rechte mit den Befugnissen eines Gemeindevorstehers 
übt in diesem Falle der Gutsbesitzer oder eine von ihm zu be- 
stellende Person als Gutsvorsteher, der in gleicher Weise wie der 
Gemeindevorsteher der Bestätigung des Landrates bedarf, aus. Eine 
kommunale Vertretung des Bezirkes fällt selbstverständlich fort. 
Mehrere Gemeinden und Gutsbezirke können nun zur gemein- 
samen Tragung kommnnaler Lasten zu einem weiteren Verbande 
vereinigt werden. In dieser Hinsicht bestehen für Preußen zwei Systeme 
nebeneinander, das der Samtgemeinden und das der Zweckverbände. 
Die Samtgemeinden haben ihren Ursprung im französischen 
Rechte, obgleich dieses selbst sie gar nicht kennt. In den deutschen 
Grenzdepartements hatte man nämlich durchgängig mehrere Dorf- 
schaften zu einer Gemeinde verbunden, schon weil man nicht ge- 
nug französisch sprechende Maires hatte. Dabei blieb es auch zu- 
nächst unter preußischer Herrschaft. Doch machte sich allmählich 
in der Verwaltungspraxis die tatsächliche Trennung der Dorfschaften 
geltend, indem man für sie besondere Teile des Gemeindehaushalts 
einrichtete und ihnen eigene Untervorsteher gab. Die westfälische 
Landgemeindeordnung von 1841 und die rheinische Gemeindeordnung 
von 1845 erkannte dann die einzelne Dorfschaft wieder als Gemeinde 
an, erhielt aber daneben die größere Samtgemeinde aufrecht. 
Größere Gemeinden bilden in Westfalen ein Amt, in der 
Rheinprovinz eine Bürgermeisterei für sich, kleinere Gemeinden, 
in Westfalen auch Gutsbezirke werden zu einer Samtgemeinde zu-
	        
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