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Jahre bildete dann Kreistage aus Rittergutsbesitzern, Vertretern
der Städte und Bauern mit unverhältnismäßiger Bevorzugung
des Großgrundbesitzes, aber sehr bescheidenen Befugnissen. Der
Versuch einer Reform durch die Gesetzgebung vom 11. März 1850
mißlang.
Die endgültige Neugestaltung brachten erst die neuen Kreis-
ordnungen. Solche ergingen für die östlichen Provinzen mit Aus-
nahme von Posen am 13. Dezember 1872 mit Novelle vom 19.
März 1881, für Hannover vom 6. Mai 1884, für Hessen-Nassau
am 7. Juni 1885, für Westfalen am 31. Juli 1886, für die
Rheinprovinz am 30. Mai 1887 und für Schleswig-Holstein
am 26. Mai 1888. Wesentliche Abweichungen ergaben sich dabei
dadurch, daß man die Ortspolizeiverwaltung des flachen Landes
mit in den Kreisordnungen geregelt hatte, hinsichtlich der Kreis-
verfassung stimmten sie größtenteils wörtlich überein. Die ältere
Kreisverfassung blieb nur in der Provinz Posen aus nationalen
Gründen bestehen, wurde aber durch Gesetz vom 19. Mai 1889
hinsichtlich der Befugnisse der Kreisorgane und der allgemeinen
Landesverwaltung mit den Einrichtungen der anderen Landesteile
in Übereinstimmung gebracht. Für Hohenzollern brachte die Amts-
und Landesordnung vom 2. April 1873 etwas abweichende Ein-
richtungen.
Jeder Kreis hat einen bestimmten Bezirk, dessen Grenzen nur
durch Gesetz verändert werden können, soweit es sich nicht um Ver-
änderung von Gemeinde= und Gutsbezirksgrenzen handelt, die gleich-
zeitig Kreisgrenzen sind.
Größere Städte bilden als Stadtkreise Kreise für sich und
haben in dieser Eigenschaft ohne besondere kommunale Organisation
als Stadtgemeinden alle kommunalen Aufgaben des Kreises zu er-
füllen. Städte, die eine gewisse Einwohnerzahl erreichen — 25 000,
in Westfalen 30 000, in der Rheinprovinz 40000 —, können aus
dem Kreise ausscheiden und eigene Stadtkreise bilden.
Die Zugehörigkeit zum Kreise beruht auf dem Grundsatze der
Einwohnergemeinde. Angehörige des Kreises sind mit Ausnahme
der aktiven Militärpersonen alle diejenigen, die dem Kreise durch
Wohnsitz angehören. Aus der Kreisangehörigkeit folgt das Recht,