82 Die Begründung des Staates (1134—1415). 3
sächsischen und flämischen Stammes ergoß sich in das menschenleere
Land. Die wendische Bevölkerung sah sich bald nach der Eroberung
auf einzelne Punkte, wie die Fischerkietze bei einzelnen märkischen
Städten und den Oderbruch beschränkt und mußte sich, ohne inneren
nationalen Zusammenhang inmitten der deutschen Bewohner, schnell
germanisieren.
Die Einheit der Nationalität bestand aber auch in anderen
deutschen Gebieten, ohne daß sie zu erheblicher Bedeutung gelangt
wären. Es mußte noch ein weiterer entscheidender Umstand hinzu-
kommen. Ueber der gleichartigen Bevölkerung erhebt sich die Staats-
gewalt in einer dem Mittelalter sonst unbekannten Stärke. Wie die
beiden westeuropäisschen Großmächte, England und Frankreich, sind
auch Oesterreich, Sachsen und Brandenburg-Preußen aus militärischen
Kolonisationen hervorgegangen. Die Auffassung, daß alle Hoheits-
rechte nur ein Ausfluß des militärischen Oberbefehls über den kolo-
nisierenden Heerbann sind, erscheint nun aber in den Anfängen staat-
licher Entwicklung vor allem geeignet, eine kräftige monarchische
Gewalt herzustellen und dadurch die Anspannung aller Kräfte des
Staates für die Erfüllung seiner Aufgaben herbeizuführen.
Zu der Zeit, als sich die Nordmark, das Stammland der
späteren Mark Brandenburg, als selbständiges Gebilde aus den
übrigen nordöstlichen Marken loslöste (1134), hatte die Verbindung
staatlicher Hoheitsrechte, insbesondere der Grafengewalten mit dem
größeren Grundbesitze und den städtischen Gemeinden schon begonnen.
Dieser Entwicklung wurde jedoch in den Marken bewußter Weise ent-
gegengearbeitet. Zunächst mußte es die Stellung eines militärischen
Befehlshabers des Grenzgebietes mit sich bringen, daß er dem Kaiser
gegenüber selbständiger war als die Grafen der Binnenlandschaften.
Daß irgend welche Gebiete innerhalb der markgräflichen Herrschaft
von seiner Gewalt befreit und reichsunmittelbar gestellt wurden, ver-
bot schon die Notwendigkeit, alle Macht des Reiches an der Grenze
in einer Hand zu vereinigen. Selbst die brandenburgischen Bischöfe
sind daher stets landsässig gewesen, ebenso die ganze Ritterschaft und
sämtliche Städte. Das markgräfliche Gebiet war stets geschlossen und
durch keine reichsunmittelbaren Landesteile durchbrochen. Der Mark-
graf konnte ferner auf eigene Hand den Heerbann der Mark auf-
bieten, von seinen Urteilen fand kein Rechtsmittel an Kaiser und
Reich statt.
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