Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

922 Staatsrechtliche Stellung des Königtums. 133 
rechtes künftige Geschlechter nicht binden. Gesetzlich bleibt nichts anderes 
übrig, als daß die Staatsgewalt im Staatsoberhaupte vereinigt ist. 
Ist nun aber im Könige die Vereinigung aller Rechte der Staats- 
Vgewalt gegeben, so ist er der Ursprung und die Quelle alles Rechtes 
und alles Gesetzes. Das Gesetz ist der Wille des Königs. Es entsteht 
daher der Widerspruch, wie der König bei der Ausübung seiner Herr- 
schaft an gesetzliche Schranken gebunden sein kann. Der WMille einer 
Person kann nicht den Willen dieser selben Person beschränken. Die 
natürliche Folge des monarchischen Prinzips scheint einzig und allein 
der Grundsatz des absoluten römischen Kaisertums zu sein: „Frinceps 
legibus solutus est“4). Man sollte meinen, die Beschränkung des 
Willens einer Person könne nur von einem üÜbergeordneten anderen 
Willen ausgehen, eine verfassungsmäßige Beschränkung des Königtums 
sei also nur möglich unter Anerkennung der Volkssouveränetät als 
einer übergeordneten Macht. Gleichwohl ist auch eine verfassungs- 
mäßige Beschränkung des monarchischen, d. h. in dem Staate auf- 
gehenden Königtums nicht nur nach dem positiven Rechte vorhanden, 
sondern auch staatsrechtlich möglich. 
Das A. L.-R. legt dem Königtume bei Ausübung seiner Gewalt 
im wesentlichen noch keine Schranken auf. Es erklärt (II, 13 88 2 
und 3) für Zwecke des Staates die Erhaltung der äußeren und inneren 
Ruhe und Sicherheit und die Beschützung eines jeden bei dem 
Seinigen gegen Gewalt und Störungen, sowie die Beförderung des 
allgemeinen Wohlstandes und macht es dem Könige zur Pflicht, für 
die Erreichung dieser Endzwecke zu sorgen. Es beschränkt jedoch den 
König nicht auf diese Tätigkeit. Dagegen hat sich auf dem Gebiete der 
Gesetzgebung das Königtum verschiedenlich schon vor Erlaß der 
Verfassungsurkunde an bestimmte Schranken gebunden. Die meisten 
Vorschriften dieser Art, z. B. diejenigen, die Mitwirkung des Staats- 
rates betreffend, waren jedoch nur instruktioneller Natur, beschränkten 
also den Willen des Königs ebenfalls nicht. Dagegen sollte nach dem 
Patente vom 29. Mai 1781 jede neue Verordnung, welche nicht 
bloß die Staatswirtschaft und Finanzverwaltung beträfe, vor ihrem 
Erlasse der Gesetzkommission zur Begutachtung vorgelegt und keinem 
Edikte oder Reskripte, welches nicht nach vorheriger Einforderung dieses 
Gutachtens zur königlichen Vollziehung gebracht worden, irgend eine 
) L. 31 D. de legibus senatusque consultis el longa consuetudine 1, 3.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.