Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

158 Das Verfassungsrecht. 8 26 
steto den Charakter der außerordentlichen Beihilfe behalten. Jede 
verschwenderische Hofhaltung mußte daher die Staatsfinanzen in 
Verwirrung bringen, jede Not des Staates dem Landesherren per- 
sönliche Geldverlegenheit verursachen. 
In Preußen führten die Verhältnisse des Großstaates früher als 
in jedem anderen deutschen Staate zu einer Scheidung des staatlichen 
und privaten Rechtsgebietes auch auf dem Gebiete der Einnahmen. 
Während in den deutschen Kleinstaaten bis in die neueste Zeit das 
Eigentum an den Domänen einen unerquicklichen Streitpunkt zwischen 
dem Landesherren als Privatperson und den das Staatsinteresse ver 
tretenden Ständen bildet, sind solche Zwistigkeiten dem preußjschen 
Staatsrechte stets fremd geblieben. Sobald sich die Notwendigkeit einer 
Scheidung des staatlichen und des privaten Gebietes herausstellte, 
ordnete das preußische Königtum sein Privatinteresse dem des Staates 
unter. Die preußischen Domänen sind seit dem Edikte Friedrich 
Wilhelms I. über die Unveränßerlichkeit der Domänen anerkanntes 
Staatseigentum, und das A. L.-R. II, 14 88 11 und 19 bekräftigt 
mur einen längst bestehenden Rechtsgrundsatz, indem es die Domänen, 
auch wenn ihr Ertrag zum Unterhalte des Landesherren und seiner 
Familie bestimmt ist, für besonderes Eigentum des Staates erklärt. 
Seitdem dieser Grundsatz festgestellt ist, vereinigt der König zwei 
Rechtssubjelle in seiner Person. Der Fiskus, nach römischem Rechte 
die Privatschatulle des Kaisers, welche allmählich die staatliche Rechts- 
versönlichkeit, das Acrarium, in sich ausgenommen hatte und deu- 
gemäß eine Mischung der ösfentlichen und privaten Persönlichkeit dar- 
stellt, beschränkt sich nach prenßischem Staatsrechte auf das öffentliche 
Gebiet. Fiskus ist der Staat als Subjekt der Staatseinnahmen:). Der 
Fiskus ist keine besondere juristische Person neben dem Staate 
ebensowenig wie der Geldschraunk neben dem Baulier „ sondern der 
Staat als Vermögenssubjekt. Die Fiktion hat nicht die Persönlichkeit 
selbst zum Gegenstande, sondern es wird nur singiert, daß die staats- 
rechtliche Persönlichkeit in gewissen Beziehungen eine privatrechtliche 
sei, um zur Entscheidung über gewisse Finanzstreitigkeiten die Form 
2) § 1 II, 11 A. L.-R.: „Alle Arten der Staatseinkünfte, welche 
ans dem Bestenerungsrechte, aus dem besonderen Staatseigentumc, den 
unbbaren Negalien und anderen Staatsabgaben fließen, werden unter der 
Beuennung des Fiskus begrifsen und haben besondere Vorzugsrechte.“
	        
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