Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

170 Das Verfassungsrecht. 8 28 
solge nichts anderes als die unnnterbrochene Fortsetzung der Staats- 
yhersönlichleit des verstorbenen Herrschers, so ist die Haflung des neuen 
Herrschers aus Rechtshandlungen des Negierungsvorgängers selbstver- 
fländlich. Vorgänger und Nachfolger sind rechtlich eine und dieselbe 
Staatspersönlichkeit. Die Rechtshandlungen des Vorgängers sind daher 
für den Nachsolger ebenso verbindlich, ale wenn er sie selbst vor- 
genommen hätte. Aufheben klann der Nachfolger Alle seiner Vor- 
gängers nur unter denselben Voraussetzungen, unter denen er seine 
rigenen aufheben könnte. Beide Grundsätze ergeben sich mil absoluter 
Notwendigkeit aus der Rechtskontinuität der Monarchie. 
Zweifelhafter erscheint der Fall, wenn eine Unterbrechung des 
Rechtszusammenhangs durch eine Zwischenherrschaft stattfindel. Für 
das prenßische Staatsrecht kann es sich nicht um die Verdrängung 
des legitimen Herrschers durch eine revolutionäre Regierung innerhalb 
des Staates, sondern nur um dessen Verdrängung durch einen anderen 
Staat handeln. Hier ist es nicht dieselbe Staatspersönlichleit, welche 
unter der Zwischenherrschaft und welche nach der Restauration handelt. 
Die eine Staatspersönlichkeit ist aber der anderen in der bölkerrechtlich 
gegebenen Form gefolgt, einen solchen völkerrechtlichen Sutzessione: 
grund bildet insbesondere die Eroberung. Auch hier ist daher die 
Verpflichtung des Herrschers aus den Rechtshandlungen seiner Vor- 
gänger anzuerkennen. Nur auf Grund eines falschen Legitimitäte- 
prinzipes, wie es seit der Restauration aufsgekommen war, konnte man 
zu einer Leugnung des Rechtszusammenhangs gelangen. Für das 
gegenwärtige preußische Staatsrecht ist jedoch die Frage ohne jede pral- 
lische Bedentung, es ist daher hier nicht weiter darauf einzugehen. 
Eine andere Streitfrage, welche durch die privatrechtliche Auf- 
sassung der Staatssukzession als Erbfolge hervorgerusen war, aber sich 
gegenwärtig ohne weiteres von selbst erledigt, ist die über die Grund 
sätze der Trennung der sogenannten Staatsverlassenschaft von dem 
Privatnachlasse des Fürstens). Bei der Vermengung von Staats- 
und Privateigentum des Herrschers, Staals und Hoshanshalt, Lande- 
und Hofverwaltung bedurfte es, da die Erbsolge in den Privat- 
*!) Die ältere Literatur ist sehr umfangreich, aber für das Staats- 
recht der Gegenwart bedeutungslos. Vgl. besonders Posse, Uieber die 
Sonderung reichsständischer Staals und Privatverlassenschaft, Göttingen, 
1790; v. Wamptz, Erörtkerung der Verbindlichkeit des weltlichen Reichs- 
jürsten aus den Handlungen seiner Vorfahren, Neu Strelitz 1800.
	        
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