Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

174 Das Verfassungsrecht. 8 29 
prenßischem Staatsrechte gilt als erster Erwerber Kurfürst Friedrich I. 
und zwar nicht nur, soweit es sich um die Mark Brandenburg han- 
delt, sondern für das ganze Staatsgebiet, da alle späteren Erwer- 
bungen mit der Mark Brandenburg zu einer untrennbaren staatlichen 
Einheit verschmolzen wurden. Die früher entstandenen Seitenlinien 
sind jedoch nach und nach wieder ausgestorben, so daß gegenwärtig 
alle Mitglieder des königlichen Hanses von König Friedrich Wil- 
helm III. abstammen. 
In dem Erfordernisse der Abstammung vom ersten Erwerber 
liegt aber auch ausgesprochen, daß es sich um eine natürliche Abstam- 
mung handeln muß. Die Adoption als Nachbildung der natürlichen 
Abstammung ist der deutschen Rechtsanschauung stets fremd geblieben. 
Insbesondere hat der hohe Adel durch seine Antonomie dafür gesorgt, 
daß an die Annahme an Kindesstatt keinerlei familien- oder erbrecht- 
liche Rechtsfolgen angeknüpft wurden. Auf diesem Standpunkte steht 
auch das Familienrecht des königlichen Hauses. Die Achillea, welche 
in dieser Beziehung zweisellos als geltendes Recht zu betrachten ist, 
gewährt das Erbrecht nur den „leiplichen elichen Sönen“ des Kur- 
fürsten und ihren Nachlommen. Die Annahme einer Person an 
Kindesstaat seitens des Königs oder eines Mitgliedes des königlichen 
Hauses kann zwar nicht als unzulässig betrachtet werden. Sie würde 
aber nur gewisse privatrechtliche Wirkungen haben. Der Angenommene 
trilt dadurch nicht in das königliche Haus ein, da die Mitgliedschaft 
nur durch natürliche Abstammung erworben werden kann2). 
Das Erfordernis der natürlichen Abstammung entspricht auch 
allein dem Wesen der monarchischen Thronfolge. Das Recht des 
Herrschers als das einzig originäre im Staatsleben, die Quelle aller 
anderen Rechte, darf von keinem anderen menschlichen Willen, sondern 
nur von der Rechtsordnung hergeleitet sein. Ließe man dagegen eine 
Begründung des Thronfolgerechtes durch Annahme an Kindesstatt zu, 
so läge der Begründungsakt nicht allein in dem objektiven Rechte, 
sondern außerdem und vorwiegend in einer subjektiven, privatrecht- 
lichen Willenserklärung des Herrschers oder eines Mitgliedes des könig- 
lichen Hauses. Die Annahme an Kindesstatt als Thronfolgegrund 
2) Im Falle der Prinzessin Elise Radziwill — vgl. N. 8 und 
die dort angeführte Stelle von Treitschke — wurde die Adoption der 
Prinzessin durch den Prinzen August von Preußen für unzureichend zur 
Begründung der Ebenbürtigkeit erachtet.
	        
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