Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

g 29 Das Thronfolgerecht. 175 
ist daher vom Standpunkte der geschichtlichen Entwicklung wie des 
geltenden Staatsrechtes in gleicher Weise unzulässig, und sie würde 
es auch sein, wenn die Hausgesetzgebung eine ausdrückliche Bestim- 
mung nicht enthielte. 
2. Eheliche Abstammung vom ersten Erwerber. 
Schon nach dem gemeinen Rechte des hohen Adels in Deutschland 
sind nur die ehelichen Nachkommen Mitglieder der Familie. Wer 
also auf die Mitgliedschaft Anspruch erhebt, muß nicht nur selbst 
aus einer rechtmäßigen Ehe stammen, auch alle seine Vorfahren bis 
zum ersten Erwerber hinauf müssen ehelicher Abstammung sein. Selbst- 
verständlich sind damit von der Mitgliedschaft des königlichen Hauses 
und von der Thronfolge ausgeschlossen uneheliche Kinder, da diese 
schon nach gemeinem Privatrechte nicht mit dem Vater verwandt sind 
und daher auch in seine Familie nicht eintreten. Aber auch die 
Legitimation, sei es durch nachfolgende Ehe, sei es anderweit, kann 
die eheliche Abstammung nicht ersetzen, da nur die „ehelich“ ge- 
borenen Kinder alle Statusrechte erlangen. Die Legilimation vermag 
nur dieselbe Wirkung für sich zu beanspruchen wie die Annahme 
an Kindesstatt. Sie kann zwar ein privatrechtliches Eltern= und 
Kindesverhältnis herstellen, sie kann aber dem Kinde nicht die allein 
durch eheliche Abstammung bedingte Mitgliedschaft der Familie geben. 
Ob eine Che vorliegt, bestimmt sich gegenwärtig danach, daß 
eine Eheschließung vor dem Standesbeamten stattgefunden hat. Das 
Reichsgesetz über die Beurkundung des Personenstandes und die Ehe- 
schließung vom 6. Februar 18758) 8 72 hat für die Landesherren, 
die Mitglieder der landesherrlichen Familien und der fürstlichen Familie 
Hohenzollern zwar die Ernennung des Standesbeamten und die Be- 
stimmung über die Art der Führung und Aufbewahrung der Standes- 
register der Anordnung des Landesherren vorbehalten, damit aber auch 
für die landesherrlichen Familien als Form der Eheschließung die vor 
dem Standesbeamten vorgeschrieben. Zweifelhaft kann demnach die 
formelle Rechtmäßigkeit nur für die vor Erlaß des Personenstands- 
gesetzes geschlossenen Ehen erscheinen. 
Insbesondere ist hier aus Anlaß des Bentinckschen Erbfalles 
die Frage aufgeworfen worden, ob der Landesherr als Inhaber der 
Kirchengewalt sich von dem Erfordernisse der kirchlichen Trauung 
— — —— —— 
5) R.-G.-Bl. 1875, S. 23.
	        
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