Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

178 Das Verfassungsrecht. g 29 
Grundsätzen auch denjenigen deutschen Familien zugesprochen werden, 
die sich bis zum Jahre 1806 gleich den jetzigen landesherrlichen 
Jamilien im Besitze der Landeshoheit und Reichsstandschaft befanden. 
Gegenüber verschiedenen Anfechtungen der Ebenbürtigkeit der soge- 
nannten Mediatisierten ist sie ausdrücklich anerkannt worden in der 
deutschen Bundesaktet). Zu den Mediatisierten rechnet jedoch die Haus- 
observanz des königlichen Hauses nur die ehemals reichsständischen 
Familien, nicht jedoch die reichsgräflichen Personalisten. Daher wurde 
die Ehe König Friedrich Wilhelms III. mit der Gräfin Harrach, die 
einer reichsgräflichen Personalistenfamilie angehörte, in morganatischer 
Form abgeschlossen und zwar, wie die Eheurkunde ausdrücklich hervor- 
hebt, da die Ehe nicht als eine ebenbürtige nach der Verfassung des 
königlichen Hauses gelten könner). Auswärtige hochadlige Familien, 
deren Mitglieder keine erbliche Krone getragen haben, gelten nach der 
preußischen Hausobservanz nicht als ebenbürtigs). 
Weiterhin ist zur vollen Wirksamkeit der Ehe nach unbestrittener 
Observanz des königlichen Hauses der sogenannte hausgesetzliche Kon- 
sens erforderlich. Es genügt nicht die nach gemeinem Rechte not- 
wendige Zustimmung des Vaters oder der Mutter, es muß ohne 
6) Vgl. 852. 
7) Vgl. H. Schulze, Hansgesetze, Bd. 3, S. 615. Ein Zeugnis 
für diese Observanz bildet auch die Erklärung Friedrichs des Großen 
an den nenugewählten Kaiser Karl VII., wo es heißt: „Wir sollen 
auch aus teutschpatriotischer Gesinnung gauz unvorgreiflich davor halten, 
daß Ei. K. Maj. Reichshofral sowohl als Reichshofratskanzlei pro norum 
regulativa bei dieser Gelegenheit ein vor alles zu bescheiden seien, 
daß alle diejenigen fürstlichen Heiraten schlechterdings für ungleich zu 
achten, welche mit Personen unter dem alten reichsgräflichen Sitz und 
Stimme in comitiüs habenden Stande kontrahiert werden, und daß die 
aus solcher Ehe zu erzeugenden Kinder weder zur fürstlichen Würde, 
Titel und Wappen ihres Vaters noch zur Sukzession in dessen Reichs 
landen niemals fähig seien, noch dazu gelassen werden sollen.“ 
83) So wurde die Ehe der Lady Craven, welche aus der engli- 
schen Pairsfamilie Berkeley stammte, mit dem letzten fränkischen Mark- 
grafen nicht als ebenbürtige Verbindung betrachtet. Vgl. H. Schulze, 
Hausgesetze, Bd. 3, S. 616. Die 1826 beabsichtigte Ehe des späteren 
Königs Wilhelm I. mit der Prinzessin Elise Nadziwill ist an der mangeln- 
den Ebenbürtigkeit gescheitert. Vgl. v. Treitschke, Deutsche Geschichte, 
Bd. 3, Leipzig 1885, S. 393.
	        
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