Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

180 Das Verfassungsrecht. § 20 
diese zur Zeit des lactum krickericianum noch bestehende subsidüre 
kognatische Thronfolge für aufgehoben anzusehen aus zwei Gründen. 
Einmal bestand sie hiernach nicht für das ganze Staatsgebiet, 
sondern nur für einzelne Teile. Seit jedoch der prenßische Staat 
verfassungsmäßig ein Einheitsstaat ist, muß jedes frühere Thronfolge- 
recht, welches diese Einheit aufhebt, für beseitigt erachtet werden. 
Ferner erkennt Art. 53 der Verfassungsurkunde auch sormell nur die 
Thronfolge im Manncesstamme an, eine weibliche Thronfolge, selbst 
wenn sie früher für das ganze Staatsgebielt bestanden hätte, würde 
demnach verfassungswidrig sein. 
In nenerer Zeit haben gahlreiche dentsche Versassungsurkunden 
die subsidiäre kognatische Thronfolge auerkannt oder eingeführt. Dem 
geltenden preußischen Rechte ist sie jedoch in jeder Beziehung fremd. 
Sollte daher je der Mannesstamm des königlichen Hauses auössterben, 
so müßte über die Thronfolge durch besondere gesetzliche Bestimmung 
in den Formen der Verfassungsänderung verfügt werden. Ein solches 
Gesetz könnte die subsidiäre lognatische Sulzession einführen, gegen- 
wärtig besteht eine solche zweisellos noch nichttt). 
5. Regierungsfähigkeit. Die Goldene Bulle Kap. 2.) 
§ 3 stellte für die Kurlande das Ersordernis aus, daß der Snk- 
zessionsberechtigle auch lörperlich und geistig regierungsfähig seit). 
Hiernach waren diejenigen, deren dauernde Negierungsunfähigkeit beim 
Anfalle der Herrschaft zweifellos feststand, von der Nachfolge aus- 
geschlossen. Da dieser Grundsatz reichsgesetzlich in der Goldenen Bulle 
ausgesprochen war, bedurfte er keiner besonderen Festsetzung mehr in 
den Hausgesetzen. Manun kann nun zwar nicht behaupten, daß die 
Bestimmungen der Goldenen Bulle über die Thronfolge mit Auflösung 
des Reiches ihre Geltung verloren hätten. Dagegen nimmt die Ver- 
11) Wenn v. Rönne, Pr. St.-R., Bd. l, S. 168, der in den 
früheren Auflagen die subsidiäre kognatische Thronfolge in Preusßen für 
geltendes Recht erachtete, jetzt nach einer längeren Ausführung zu dem. 
Ergebnisse kommt, „daß verfassungsmässig nichts im Wege stehen würde, 
durch ein den Art. 53 der Verfassungsurkunde abänderndes oder erwei- 
terndes Verfassungsgesetz die subsidiäre Thronsolge der Kognaten einzu- 
führen“, so hat er unzweiselhaft Recht. Denn versassungsmäßig steht 
riner Verfassungsänderung nie ectwas im Wege. 
12) „Primogenitus filius succedat sibiduc soli jus et dominium com- 
Detat, nisi Llorsftan mente captus, fatuns s. allerins lamosi el uolabilis dercclus 
CNistat, propter #duem non deberct sen non possci hominibus PDrinceipari.“
	        
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