12 Grundzüge der Verfassungsgeschichte. § 3
der Boden für die ständische Rechtsordnung und damit für die Macht
des Ständetums überhaupt untergraben sei.
Hauptsächlich der Pflege des römischen Rechts sollte die 1500
gegründete Universität Frankfurt an der Oder dienen. Die Kammer-
gerichtsordnung von 1516 führte für die ganze Mark das gemeine
kaiserliche Recht ein, und in dem Landtagsrezeß von 1534 gaben die
Stände hierzu ihre Zusltimmung, indem sie sich von Brauch und
Gewohnheit früheren Rechts und Gerichts förmlich lossagten. Zur
Durchführung des gemeinen Rechts wurde das uralte, an die Per-
son des Landesherren gebundene „Hofgericht in des Reichskämmerers
Kammer“ reorganisiert und als „des Kurfürsten Kammergericht“ mit
ständigen Beisitzern und dem Kanzler als Präsidenten besetzt. Außer-
dem sorgten die Quartalgerichte als Deputationen des Kammergerichts
seit 1516 zu Tangermünde, seit 1585 auch zu Prenzlau dafür, daß
auch in den entfernteren Gegenden überall das neue gemeine Recht
zur Anwendung gelangte. Im übrigen ließ die Rezeption der fremden
Rechte die bestehende Gerichtsverfassung in den Marken unberührt.
Trotz der im Widerspruche mit den Bestimmungen des Haus-
gesetzes Albrecht Achills erfolgten vorübergehenden Teilung der Mark
unter die beiden Söhne Joachims I. schien die Annahme der Repfor-
mation durch diese die bisherige Entwicklung noch zu beschleunigen
und die landesherrliche Macht zu einer vollständig unumschränkten
machen zu wollen, womit der auf dem Gebiete des Privatrechts schon
nahezu vollendete Untergang der ständischen Rechtsordnung auch im
öffentlichen Rechte zu einer Tatsache geworden wäre. Die Refor-
mation machte den Landesherren auf dem Gebiete, auf welchem ihm
bisher nur sehr geringe Befugnisse zugestanden hatten, auf dem kirch-
lichen, zum unumschränkten Herrscher, da ihm hier, abgesehen von
dem gutsherrlichen und städtischen Patronate, ständische Rechte irgend
welcher Art nicht im Wege standen. Die neumärkische Kirchenordnung
von 1537 und die kurmärkische von 1540 stellten für ein Menschen-
alter dic absolute Herrschaft des Landesherren über die Kirche fest.
Seitdem galt es als Grundsatz, daß „dem Landesherren aus fürst-
licher Obrigkeit, Hoheit und wegen seines tragenden Amts gebühret
und zustehet, rebus sic stantibus, nicht allein in weltlichen, sondern
auch in geistlichen Sachen Recht und Gerechtigkeit mitzuteilen, auch
geistliche Ordnungen, dadurch Zucht und Ehrbarkeit erhalten, aufzu-