9§33 Der Verlust der Herrschaft. 197
ihn noch besonders zu erwähnen. Mit dem Augenblicke des
Todes verwirklicht sich die Thronfolge, und der neue Herrscher tritt an
die Stelle des verstorbenen.
Die Herrschaft kann aber schon bei Lebzeiten des Königs auf den
nächstberechtigten übergehen. Der gegenwärtig einzige Fall, in dem
dies möglich wäre, ist die Abdankung des Königs-). Die Verfassungs-
urkunde erwähnt sie zwar ebenfalls nicht, doch ist an ihrer rechtlichen
Zulässigkeit nicht zu zweifeln. Der Herrscher gibt durch die Abdankung
das ihm bisher zustehende Herrscherrecht auf. Aus dem Wesen des
preußischen Königtums ergibt sich aber für den notwendigen Inhalt
der Abdankung zweierlei. "
Mit der Aufgabe des Herrscherrechtes seitens des zeitigen In-
habers ist der Thron ebenso erledigt, als wenn der König gestorben
wäre. Es hat demnach mit dem Augenblicke, in dem die Abdankung
ausgesprochen ist, die verfassungsmäßige Thronfolge einzutreten. Die
Abdankung darf keine Bestimmung enthalten, welche mit der ver-
fassungsmäßigen Thronfolge im Widerspruche stehts). Insbesondere
ist die Beifügung der Bemerkung, daß die Abdankung zugunsten einer
bestimmten Person geschehe, entweder überflüssig oder rechtswidrig.
Wird in der Abdankung ausgesprochen, daß sie geschehe zugunsten
des verfassungsmäßigen Thronfolgers, so ist dies etwas ganz Selbst-
verständliches, sie dürfte gar nicht zugunsten einer anderen Person
geschehen. Keineswegs ist die Bemerkung so aufzufassen, als ob der
abdankende König nach dem Wegfalle seines Nachfolgers sich sein Recht
2) Vgl. Abraham, Der Thronverzicht nach deutschem Staatsrecht,
Verlin 1000; v. Frisch, Der Thronverzicht, Tübingen 1906.
5) Dies ist bereits anerkannt in dem Pactum kridericianum von 1752
86 — H. Schulze, Hausgesetze, Bd. 3, S. 743 —: „. . . vereinbahret
und verglichen, daß die einmal festgesetzte Successions-Ordnung auff
kein Arth und Weise alteriret, geändert noch eingeschrenket, noch weniger.
einem Agnaten Unseres Hauses gestattet werden solle, Sein künfftiges
Grccessions-Recht (falls Er sich dessen freywillig begeben wollte) einem
andern Agnaten vorläufig zu cediren und einzuräumen als nur allein
demjenigen, welcher unmittelbahr nach ihm das nechste Recht zur Erbfolge
at und wann jener und Seine Descendentz nicht vorhanden wären,
an dessen Stelle immediate zu succediren hätte; Gestalten keine andere
Esio jurissuccedendi, als nur an den nechst folgenden Agnaten stattfinden,
alles andere aber vor nichtig und ungültig im gantzen Gesambt-Hause
Veachtet werden solle.“