208 Das Verfassungsrecht. 9 35
tätigkeit nicht in Verbindung stehend, auch dem regierungsunfähigen
Könige ungeschmälert. Der Regent genießt nicht die persönlichen
Ehrenrechte des Königs, sondern nur die ihm nach seinem Stande,
z. B. als Mitglied des königlichen Hauses, zustehenden Ehrenrechte-
Der erhöhte strafrechtliche Schutz des Herrschers gegen Mord,
Mordversuch, Tätlichkeiten und Beleidigungen ist nicht ein Ehrenrecht
des Herrschers, sondern ein Schutz des persönlich gewordenen Staates.
Folgerichtig sollte man daher diesen erhöhten Schutz nicht nur dem
Herrscher persönlich, sondern auch dem Regenten gewähren. Das
Reichsstrafgesetzbuch steht jedoch noch auf einem anderen Standpunkle
und verleiht dem Regenten keinen anderen Schutz als den Milgliedern
der landesherrlichen Häusers).
Eine Sonderstellung nimmt nur das Staatsministerium ein,
wenn es nach Art. 57 der Verfassungsurkunde in Ermangelung eines
volljährigen Agnaten oder sonstiger gesetzlichen Fürsorge die vor-
läufige Regentschaft zu führen hat. Zwar muß auch dem Staats-
ministerium die Ausübung der königlichen Gewalt in ihrem gesamten
Umfange wie dem Regenten zugesprochen werden mit einer Aus-
nahme bezüglich des Erlasses eines Regentschaftsgesetzes, die auf einer
besonderen gesetzlichen Bestimmung beruht?). Das Staatsministerium
vereinigt aber in sich die doppelte Eigenschaft des Regenten und
des Ministeriums. Als Regent teilt es nun zwar die Unverantwort-
lichkeit des Königs, als Ministerium bleibt es verantwortlich. Alle
seine Rechtshandlungen als Regent decken sich aber mit denjenigen als
Ministerium. Die Unverantwortlichkeit des Regenten geht daher unter
in der Verantwortlichkeit des Ministeriums. Diese Verantwortlichkeit
des Ministeriums als Regent ist ausdrücklich anerkannt worden in
Art. 58 Abs. 2 der Verfassungsurkundeto).
Der Regent übt ein fremdes Herrscherrecht aus. Dieses staat-
liche Herrscherrecht muß allerdings ein originäres, von keiner anderen
3) Mit Recht bezeichnet v. Kirchenheim, Regentschaft, S. 110,
diesen Standpunkt des Strafgesetzbuches als einen großen Mangel. Mit
dem Wesen der Regentschaft, wie es in dem heutigen Staatsrechte zum
Ausdrucke gelangt ist, steht das Strafgesetzbuch in völligem Widerspruche-
Doch sind dies Erörterungen de lege serenda, die hier nicht weiter zu
verfolgen sind.
9) Vgl. 8 36.
10) Ueber die Auslegung dieser Stelle vgl. 8 36.