Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

l3 Das Aufhören der Regentschaft. 221 
der als regierungsunfähig geltende König. Im ersteren Falle ist es 
die Pflicht des Regenten, die Regentschaft niederzulegen, mag auch 
der Landtag sich für den Fortbestand der Regentschaft ausgesprochen 
haben. Halten gleichwohl andere staatliche Faktoren den Grund für 
die Regentschaft als fortbestehend, so kann die Niederlegung der Regent- 
schaft seitens des bisherigen Regenten als dessen Verzicht gelten, so- 
mit der nächstfolgende Agnat und eventuell das Staatsministerium 
die Regentschaft übernehmen und einen Landtagsbeschluß herbei— 
führen. Gleichwohl ist dann durch die einseitige Niederlegung der 
Regentschaft diese beendet, und die Frage, ob eine neue begründet 
werden soll, hat mit der Beendigung der früheren nichts zu tun. 
Hält dagegen ein anderer den Grund der Regentschaft für fort- 
gefallen, so ist dies eine rechtlich gleichgültige Tatsache. Insbesondere 
kann es nicht in Betracht kommen, daß der für regierungsunfähig 
erklärte König auf die Regierung Anspruch erhebt. Fraglich könnte 
nur sein, ob einem Landtagsbeschlusse, der den Grund der Regent- 
schaft für weggefallen erklärt, irgend welche rechtliche Bedeutung bei- 
Amessen ist. Würde man dieser Ansicht sein, so gäbe man dem Land- 
tage die Möglichkeit, dem Regenten jederzeit die Ausübung der Staats- 
gewalt zu entziehen. Die Fortdauer der Regentschaft wäre damit 
in das Belieben des Landtages gestellt, nicht der Regent, sondern der 
Landtag hätte die höchste Gewalt. Der Regent, der die königliche 
Gewalt zu betätigen hat, kann aber ebensowenig wie der König selbst 
in der Fortsetzung seiner Regierungstätigkeit von einem fremden Willen 
abhängig sein. Der Beschluß des Landtages, daß der Grund für 
die Regentschaft fortgefallen sei, kann daher wohl eine politische, aber 
eine staatsrechtliche Bedeutung für sich beanspruchen. 
Sobald irgend ein Zweifel über die Fortdauer des Grundes für 
die Regentschaft möglich ist, kann er nur von dem Regenten ent— 
chieden werden. Die Regentschaft erlischt daher, wenn der Grund 
für die Regentschaft zweifellos fortgefallen ist, von Rechts wegen mit 
ufhören dieses Grundes, in allen anderen Fällen mit der Nieder— 
legung der Regentschaft seitens des Regenten. Bedenken könnte bei 
ieser Fassung der verschiedenen Beendigungsarten der Regentschaft 
nur das Erfordernis der Zweifellosigkeit des Fortfalles des Regent- 
schaftsgrundes für die Beendigung der Regentschaft von Rechts wegen 
erregen. Man könnte dagegen einwenden, daß ja schließlich ein Zweifel 
über alles Mögliche denkbar sei. Gleichwohl gibt es jedoch Gründe,
	        
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