Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

837 Das Aufhören der Regentschaft. 223 
Ausübung der Regierung unmittelbar. Ist nun die Regentschaft ledig- 
lich Ausübung der Herrschaft, so muß die Unmöglichkeit für den zeitigen 
Regenten, die Herrschaft zu betätigen, die Regentschaft selbst und nicht 
bloß die Auslübung der Regentschaft entziehen. Wird also der Regent 
regierungsunfähig, so tritt eine neue Regentschaft unter dem nächst- 
solgenden Agnaten ein, und der frühere Regent hat nach Aufhören 
seiner Regierungsunfähigkeit ebensowenig ein Recht auf die bestehende 
Regentschaft wie der Agnat, welcher bei Einleitung der Regentschaft 
wegen Regierungsunsähigkeit übergangen war, aber während des 
Bestehens der Regentschaft regierungsfähig wurde. 
Wenn der Regent stirbt, abdankt oder regierungsunfähig wird, 
aber der Grund der Regentschaft in der Person des Königs fort- 
dauert, so erlischt damit zwar die Regentschaft für den derzeitigen 
Negenten. Dagegen hört die Regentschaft selbst nicht auf. Vielmehr 
folgt der nächstberechtigte Agnat unmittelbar seinem Vorgänger in der 
Regentschaft. Auch hier zeigt sich die Regentschaft als eine unvoll- 
kommene Art der Thronfolge, unvollkommen insofern, als nicht das 
Herrscherrecht, sondern dessen Betätigung übertragen wird. Da der 
Landtag den Grund der Regentschaft bereits als bestehend anerkannt 
hat, so bedarf es einer neuen Beschlußfassung darüber nicht. Ist der 
Wegfall des bisherigen Regenten durch Tod oder Abdankung erfolgt, 
so ist daher ein ernenter Beschluß des Landtages nicht erforderlich. 
Der neue Regent hat sich auf die Uebernahme der Regentschaft und 
auf die Eidesleistung zu beschränken. Wird dagegen der bisherige 
Regent regierungsunfähig, so hat nach Analogie der Begründung 
der Regentschaft eine Beschlußfassung des Landtages darüber einzu- 
treten, ob wirklich ein Grund für den Wechsel in der Person des 
Regenten vorliegt, d. h. ob der bisherige Regent regierungsunfähig 
geworden ist. 
Mit Beendigung der Regentschaft steht der Regierungsnachfolger 
den Regierungshandlungen des Regenten ebenso gegenüber wie denen 
jedes anderen Regierungsvorgängers, d. h. ebenso wie seinen eigenen. 
Der Regent hat die der Staatspersönlichkeit obliegende Tätigkeit aus- 
önüben. Der Regierungsnachfolger setzt aber die Tätigkeit derselben 
Staatspersönlichkeit sort wie jeder Herrscher das Recht derselben 
Staatspersönlichkeit. Wie daher der König an die Regierungshand- 
lungen seines Vorgängers gebunden ist, als wenn es seine eigenen 
wären, so auch an die des Regenten, der zwar nicht dem Rechte, aber
	        
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