Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

g 38 Die Regierungsstellvertretung. 225 
man weiß, daß er nicht länger dauern wird, der jedoch den König 
absolut handlungsunfähig macht und ihn verhindert, für seine Stell- 
vertretung zu sorgen, bedingt die Einsetzung einer Regentschaft. Da- 
gegen kann trotz jahrelangen Siechtums eines Königs, welches ihm 
zwar nicht die Handlungsfähigkeit raubt, aber es ihm unmöglich macht, 
die einzelnen Regierungsgeschäfte zu erledigen, fortgesetzt eine Stell- 
vertretung stattfinden. Den Grund für die Regierungsstellvertretung 
bildet also die Verhinderung des Königs, die Regierungsgeschäfte zu 
erledigen, bei fortdauernder staatsrechtlicher Handlungsfähigkeit. 
Aus diesem Grunde der Stellvertretung ergibt sich ihre von der 
Begründung der Regentschaft wesentlich abweichende Art der Begrün- 
dung. Die Regentschaft hat die Handlungsunfähigkeit des Königs zur 
Voraussetzung. Daher kann nicht der König durch seine Willens- 
entschließung, sondern nur das Gesetz entweder die Person des Re- 
genten unmittelbar oder die Art und Weise seiner Bestellung bezeichnen. 
Ist jedoch der König noch rechtlich in der Lage, alle Regierungs- 
geschäfte selbst zu vollziehen, so würde es ein Angriff auf das König- 
tum selbst sein, wollte eine Person eigenmächtig die Ausübung der 
Regierungsgewalt übernehmen, weil der König die Regierungs- 
geschäste seines körperlichen Zustandes wegen nicht derart versehen 
kann, wie es in einem monarchischen Staate mit starker königlichen 
Initiative wünschenswert erscheint. Fühlt daher der König sich nicht 
mehr imstande, den Anforderungen seiner Stellung gerecht zu werden, 
ohne daß er jedoch auf sein Herrschaftsrecht selbst verzichten will, 
so kann nur er allein sich einen Vertreter bestellen. Dieser Vertreter 
hat nicht nur jede einzelne Regierungshandlung namens des Königs 
auszuüben, auch seine Bestellung geht einzig und allein von der 
Willensentschließung des Königs aus. Der Regent ist nur Vertreter 
kraft Gesetzes, der Stellvertreter vom Könige selbst beauftragter Ver- 
treter kraft öffentlichen Rechtsgeschäftes. Dabei ist jedoch die Vor- 
stellung eines privatrechtlichen Auftrages fernzuhalten. Das Recht des 
Königs, sich einen Stellvertreter zu bestellen, gründet sich allein auf 
die in der Regierungsgewalt des Königs liegende Befugnis, soweit 
ihm die Gesetze in dieser Beziehung keine Schranke auferlegen, die 
Organe zur Ausführung seines Willens zu bestellen. 
Aus dem Grunde und der Begründungsart der Stellvertretung 
des Königs folgt dessen Befugnis, den Umfang der Vertretung und 
die Person des Vertreters zu bestimmen. 
Bornbak, Hreußisches Staatsrecht. 1. 2. Autl. 15
	        
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