8 40 Rechtsverhältnisse des Staatsgebietes. 239
Eigentum kein rein negativer Begriff"). Allerdings liegt in der Gebiets-
hoheit das Moment der Ausschließlichkeit. Sie ist aber ebensowohl
wie die Herrschaft über die Staatsangehörigen ein Inbegriff positiver
Rechte, welche die staatsrechtliche Verfügung über das Staatsgebiet
in jeder Beziehung umfassen. Da die Gebietshoheit ein Inbegriff
zahlloser Rechte ist, so ist es gewiß verfehlt, diese Rechte im einzelnen
klassifizieren und aufzählen zu wollen. Man kann ebensowenig die
Gebietshoheit wie das privatrechtliche Eigentum in einzelne Befugnisse
zerlegen. Eine Addition dieser Einzelbefugnisse würde immer noch
nicht den Inbegriff ergeben, da auch die genaueste Aufzählung niemals
alle Rechte erschöpfen kann. Diese Aufzählung einzelner Befugnisse
unter dem Gesamtnamen der Gebietshoheit entsprach dem Charakter
der früheren Landeshoheit als eines Aggregates einzelner Hoheits-
rechte5), nicht aber dem der heutigen allumfassenden Staatsgewalt.
Ist nun auch die Herrschaft des Staates über sein Gebiet eine
ausschließliche, so braucht sie deshalb doch keine unumschränkte zu sein,
insbesondere ist dies nicht der Fall nach preußischem Staatsrechte. Zu
dem Begriffe der Souveränetät gehört wohl die Unabhängigkeit, nicht
aber die Unumschränktheit der Staatsgewalto).
In Deutschland üben das Reich und die Einzelstaaten die Staats-
gewalt über das Gebiet aus, beide jedoch innerhalb des ihnen ver-
fassungsmäßig zugewiesenen Kreises staatlicher Tätigkeit. Soweit
hiernach das Reich die Staatsgewalt für sich in Anspruch nimmt,
herrscht es ausschließlich, die Rechte der Einzelstaaten zum Erlasse von
Ausführungsgesetzen und zur Bestellung der Organe sind nur von dem
Willen des Reiches abgeleitet und daher keine Souveränetätsrechte.
Ebenso ausschließlich ist jedoch die Herrschaft der Einzelstaaten inner-
halb der ihnen verbliebenen Kreise. Reich wie Einzelstaaten herrschen
daher beide ausschließlich innerhalb ihrer Zuständigkeit über dasselbe
Gebiet, der Umfang der Herrschaft eines jeden von beiden ist jedoch
beschränkt durch die Rechte des anderen.
Wegen der Wichtigkeit der dinglichen Grundlage für den ganzen
Bestand des Staates ist der Umfang des Staatsgebietes verfassungs-
mäßig festgestellt worden, indem nach Art. 1 der Verfassungsurkunde
—. — —
9 So Seydel a. a. O. Bd. 1, S. 617.
5) Vgl. 8 21.
e) Vgl. 8 11.