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durch diesen Eintritt wird aber die Staatsangehörigkeit begründet,
welche zum Bleiben im Staate verpflichtet. Wenn dagegen nach § 132
a. a. O. auch den Fremden, welche sich im Staate wirklich nieder-
gelassen haben, innerhalb der ersten zehn Jahre die Auswanderung
gestattet wird, so läßt sich daraus nicht die Folgerung ziehen, daß
die Staatsangehörigkeit erst nach zehn Jahren entsteht, sondern es
wird ein Sonderrecht für die neuen Staatsangehörigen festgesetzt.
Mit der Beseitigung der ständischen Gliederung der Gesellschaft
durch das Edikt vom 9. Oktober 1807 mußten jedoch die bisherigen
Kennzeichen der Staatsangehörigkeit zum großen Teile hinfällig werden.
Man konnte nun zwar daran festhalten, daß jeder, der im Inlande
Grundbesitz habe oder ein Amt belleide, Untertan des Staates sei.
Dagegen wurde die Sache äußerst zweifelhaft hinsichtlich der Städte.
Der in der Städtcordnung von 1808 noch festgehaltene Unterschied
zwischen Bürgern und Schutzverwandten war seit 1822 aufgegeben.
Schutzverwandte hießen seitdem nur die durch den Zensus von den
politischen Gemeinderechten ausgeschlossenen Bürger der Stadt. Zum
Erwerbe slädtischer Grundstücke und zum Betriebe von Gewerben
waren jedoch die Schutzverwandten nunmehr ebenso berechtigt wie die
Bürger. Nach dem in einem großen Teile des Staates noch gelten-
den französischen Gemeinderechte und seinen Nachbildungen waren
vollends Mitglieder der Gemeinde alle innerhalb ihres Bezirks woh-
nenden Personen"). Als entscheidendes Merkmal der Staatsangehörig-
keit blieb daher nach Beseitigung der ständischen Rechtsordnung nur
noch der Wohnsitz. Die Frage wurde um so wichtiger, als man jetzt
für staatliche Pflichten, besonders die Wehrpflicht, die Staatsangehörig-
keit zur Voraussetzung machen mußte, während man allerdings für
die neubegründeten ständischen Rechte an dem Erfordernisse des Grund-
besitzes festhielt. Auch völkerrechtlich wurde die Staatsangehörigkeit bei
dem steigenden Verkehre von größerer Bedentung als je zuvor.
In zahlreichen Verträgen zwischen Preußen und anderen Staaten
verpflichtete sich jeder Teil, die Vagabunden und Ausgewiesenen,
welche seine Staatsangehörigen waren, aufzunehmen. Es bedurfte
daher einer näheren Begriffsbestimmung für die Staatsangehörigkeit.
In den zwischen Preußen und anderen deutschen Staaten während
4) Vgl. Boruhak, Gesch. des preuß. Verwaltungsrechtes, Bd. 3,
S. 17, 28, 37.