Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

18 Grundzüge der Verfassungsgeschichte. 84 
Ständen klar, daß die Schrecken des Krieges nur eine Folge der 
völligen Wehrlosigkeit der deutschen Länder seien. 
Im Jahre 1620 bewilligen daher die brandenburgischen Stände 
in der Erwägung, „daß die Defension und Rettung des Landes nicht 
bloß uf Land-Volk gestellet werden könte“, auf drei Monate die Mittel 
für 300 Mann zu Roß und 1000 zu Fuß. Das ist die Entstehung 
des brandenburg-preußischen Heeres. Es entging jedoch den Ständen 
nicht, daß sie damit trotz der kurzen Bewilligung die Macht in die 
Hände des Landesherren legten, und zu dessen Gunsten abzudanken 
waren sie noch keineswegs gesonnen. Sie treffen daher eine Reihe 
von Vorsichtsmaßregeln, um einen Mißbrauch des Heeres zur Beein- 
trächtigung der ständischen Freiheiten zu verhüten. Die Offiziere 
werden in dem Rezesse, also durch Uebereinkunft des Landesherren 
und der Stände, ernannt. Die Geldmittel sind an die Nentmeister 
und Einnehmer von Landschaft und Städten, ständische Beamte, zu 
zahlen. Das Kriegsvolk schwört dem Landesherren und dem Lande, 
also den Ständen. Diesen wird gestattet, auf dem Musterplatze einen 
der ihrigen zur Stelle zu haben, außerdem benennen sie vier Per- 
sonen, von denen sich immer je zwei zur Leitung des Heerwesens 
am kurfürstlichen Hoflager aufzuhalten haben. Der weitere Verlauf 
des Krieges machte jedoch die Stände immer willfähriger, die ständischen 
Sonderrechte werden in den späteren Rezessen nicht mehr erwähnt, und 
seit 1631 kann man das stehende Heer als eine anerkannt dauernde 
Einrichtung in Brandenburg betrachten. 
Der Westfälische Friede gewährte dem brandenburgischen Kur- 
hause von Pommern, auf das es nach den früheren Vereinbarungen 
mit den pommerschen Herzögen und kaiserlichen Evenlualbelehnungen 
ein unbestrittenes Recht hatte, nur Hinterpommern mit Ausnahme 
eines kleinen Streifens am rechten Oderufer und statt Vorpommern 
die Bistümer Kammin, Halberstadl und Minden als weltliche Fürsten- 
lümer, sowie das Erzbistum Magdeburg als weltliches Herzogtum nach 
dem Tode des derzeitigen Administrators, welcher Fall 1680 eintrat. 
Diese umfangreichen Gebiete waren aber gleich Preußen und Kleve- 
Mark selbständige Staatswesen ohne jeden Zusammenhang mit Branden- 
burg und gleichsam nur unter einem Herrscher zusammengeschwemmt. 
Da also nach Beendigung des Krieges der Große Kurfürst als 
Landesherr einer ganzen Reihe norddeutscher Gebiete anerkannt war, 
die sich alle noch im Besitze fremder Mächte befanden, konnte natur-
	        
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