Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

8 42 Charakter der Staatsangehörigkeit. 253 
ber 1842 nicht in den neuen Erwerbungen in Kraft treten lassen, 
da man es vorher einer Durchsicht zu unterziehen beabsichtigte. In 
der Sitzungsperiode 1868/69 wurde auch dem Landtage ein Entwurf 
vorgelegt. Er scheiterte jedoch daran, daß das Abgeordnetenhaus in 
dem Entwurfe das Wort „Untertan“ überall in „Preuße“ verwandelte, 
das Herrenhaus aber diese Veränderung nicht annahm. 
Eine Wiedervorlegung des Entwurfes hat nicht stattgefunden, da 
inzwischen das Bundesgesetz vom 1. Juni 1870 über den Erwerb und 
den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit zustande kami«). 
Dieses Gesetz gilt gegenwärtig im ganzen Reiche. Eine Novelle, welche 
die nur auf die süddeutschen Staaten bezüglichen und auf deren be— 
sonderer Stellung zum Norddeutschen Bunde beruhenden Bestimmungen 
beseitigte, erging am 22. April 1871½), eine weitere Novelle über 
die Naturalisation von Reichsbeamten, die Ausländer sind, am 
20. Dezember 187516). Endlich ergeben sich noch einzelne Abände- 
rungen des Gesetzes aus der neueren Kolonialgesetzgebung. 
8§ 42. Charakter der Staatsangehörigkeit. 
Der Staat hat eine dingliche und eine persönliche Grundlage. 
Beide sind gleichberechtigte Faktoren des Staatswesens. Die Herr- 
schaft des Staates über seine Angehörigen ist nicht eine Folge davon, 
daß sie in dem Staatsgebiete wohnen. Hieraus ergibt sich, daß 
die Staatsangehörigkeit sich nicht durch den Aufenthalt in dem Staats- 
gebiete bestimmt. Es besteht vielmehr ein besonderes persönliches Ver- 
hältnis zwischen dem Staate und seinen Angehörigen. Der Staat 
beruht auf ihrer dauernden Hingabe. 
Sie haben daher ohne Rücksicht auf ihren Aufenthalt Verpflich- 
tungen gegen den Staat. Auch der im Auslande sich aufhaltende An- 
gehörige hat dem Staate die Wehrpflicht zu leisten und sich zu diesem 
Zwecke in das Inland zu begeben. Einem Befehle seiner Staats- 
gewalt zur Rückkehr in das Inland hat er zu folgen. Auch im Aus- 
lande binden den Inländer die Strafgesetze seiner Heimat, und die 
— 
  
14) B. G.-Bl. 1870, S. 355. Vgl. dazu Sten. Ver. des Reichs- 
tages 1870 Aktenstücke N. 11, 37, 45, 47, 48, Verh. S. 81 ff., 251 ff., 
1076 ff. 
15) R.-G.-Bl. 1871, S. 87. 
16) RN.-G.-Bl. 1875, S. 324.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.