84 Die Herstellung der absoluten Monarchie (1604—1713). 19
gemäß auf ein stehendes Heer nicht mehr verzichtet werden. In allen
kurfürstlichen Landen sehen sich daher die Stände, allerdings meist
unter großem Widerstreben, genötigt, in der herkömmlichen Form
der Matrikularbeiträge die nötigen Mittel für das stehende Heer zu
bewilligen und dem Kurfürsten zu eigener Verwaltung zu überlassen.
Das von ständischen Einflüssen unabhängige, lediglich dem Kurfürsten
untergebene Heer bildet das erste gemeinsame Band der verschiedenen
Gebiete. Es war nicht pommerisch, kurmärkisch und klevisch, es war
einfach kurfürstlich brandenburgisch und bestimmt zur Durchführung
der ebenfalls nicht territorialen, sondern zielbewußten persönlichen aus-
wärtigen Politik des Kurfürsten. An diesen Kristallisationspunkt
schlossen sich die anderen Bestrebungen an, die fast nur zufällig unter
einem Herrscher vereinigten Gebiete zu einem einheitlichen Staate zu
verschmelzen. Nur der Herrscher, gestützt auf das Heer, konnte den
Einheitsstaat gründen. Diese Bestrebungen mußten sich Geltung ver-
schaffen im Gegensatze zu den Ständen, welche die territoriale Rich-
tung vertraten. Der Kampf zwischen Landesherren und Ständen,
der die ganze Regierunszeit des Großen Kurfürsten erfüllte, war da-
her zugleich ein solcher zwischen Einheitsstaat und Partikularismus.
Um ohne ständische Mitwirkung seine Einkünfte zu erhöhen, ver-
anlaßte der Kurfürst 1651 eine Reform desjenigen Gebietes der
Finanzverwaltung, über welches ihm die freie Verfügung zustand, der
Domänen und Regalien. Ueberall erfolgte statt der in den meisten
Gebieten bisher üblichen Verwaltung die Verpachtung der Domänen
nach kleve-märkischem Muster, überall wurden Amtskammern, dieselben
Verwaltungs= und Kassenbehörden errichtet wie in Brandenburg, end-
lich eine oberste Kammerbehörde für alle Gebiete. Damit war auf
dem Gebiete der Verwaltung der Domänen und Regalien die Real-
uuion vollendet. Der „Kammerstaat“ des Kurfürsten war einheitlich
organisiert.
Die weitere Verschmelzung der einzelnen Gebiete schließt sich
an die Heeresverwaltung an. Als Militärintendantur war für jede
Provinz ein Oberkommissar bestellt worden, der von den Landes-
behörden die Mittel zur Unterhaltung des Heeres empfing. Diese
wurden von den Ständen bewilligt und von ihnen oder wenigstens
unter ihrem Einflusse umgelegt und erhoben. Das ständische Bewilli-
Zungsrecht war nun tatsächlich durch den Reichsabschied von 1654
beseitigt, indem den Landständen die Verpflichtung auferlegt wurde,
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