8 46 Verlust der Reichs- und Staatsangehörigkeit. 279
Entlassungsurkunde an nicht mehr erfüllt zu werden. Dagegen macht
die Nichtauswanderung bzw. der Nichterwerb einer anderen deutschen
Staatsangehörigkeit die Entlassung nach rückwärts hin unwirksam.
Die betreffenden Verpflichtungen sind daher, soweit dies möglich ist,
nachträglich für die Zwischenzeit zu erfüllen?).
Die Voraussetzungen für die Erteilung der Entlassung sind ent-
sprechend der Aufnahme und Naturalisation verschieden, je nachdem
der zu Entlassende nur seine partikulare Staatsgewalt mit einer
anderen vertauschen oder sein Verhältnis zu Reichs-- und Landes-
staatsgewalt überhaupt lösen will. Man unterscheidet beide Arten
der Entlassung jetzt gewöhnlich als Entlassung zum Zwecke der Ueber-
wanderung und zum Zwecke der Auswanderung, obgleich beide Ans-
drücke der Gesetzgebung fremd sind. Erstere muß stets auf Antrag
erteilt, letztere darf und muß nur unter gewissen Voraussetzungen
gewährt werden.
Die Entlassung wird jedem Staatsangehörigen erteilt, welcher
nachweist, daß er in einem anderen Bundesstaate die Staats-
angehörigkeit erworben hat. Wer diesen Ausweiss) bringt, hat einen
rechtlichen Anspruch auf die Entlassung. Sie erfolgt aber nur auf
Antrag, da an sich nichts im Wege steht, daß jemand Angehöriger
mehrerer Bundesstaaten ist. Die Entlassungsurkunde ist in diesem
Falle kostenfrei zu erteilen (§ 24, Abs. 1).
Wird der Nachweis des Erwerbes der Staatsangehörigkeit in
einem anderen Bundesstaate nicht erbracht, handelt es sich also um
eine Entlassung zwecks Auswanderung, so darf die Entlassung nach
dem Gesetze vom 1. Juni 1870, § 15, nicht erteilt werden:
a) Wehrpflichtigen, welche sich in dem Alter vom vollendeten
17. bis zum vollendeten 25. Lebensjahre befinden, bevor sie ein
Zeugnis der Kreisersatzkommission darüber beigebracht haben, daß sie
die Entlassung nicht bloß in der Absicht nachsuchen, um sich der Dienst-
pflicht im stehenden Heere oder in der Flotte zu entziehen;
b) Militärpersonen, welche zum stehenden Heere oder zur Flotte
gehören, Offizieren des Beurlaubtenstandes und Beamten, bevor sie
aus dem Dienste entlassen sind;
4.—
2) So Seydel, Bayer. St.-R., Bd. 1, S. 541, N. 5.
3) Hierfür ist ein Formular eingeführt durch Bundesratsbeschluß
vom 3. März 1883. Vgl. Centralblatt 1883, S. 66.