8 45 Verlust der Reichs- und Staatsangehörigkeit. 281
seinem Eingange unberechtigt war, dagegen in der Zwischenzeit durch
Veränderung der Umstände, z. B. dadurch, daß der Antragsteller in—
zwischen aus dem militärpflichtigen Alter heraustrat, berechtigt wurde,
ist gleichwohl dem Antrage stattzugeben. Denn ein sofort darauf
gestelltes neues Gesuch mußte unbedingt genehmigt werden.
Für die Entlassung zwecks Ueberwanderung darf eine Gebühr
überhaupt nicht, für die Entlassung zwecks Auswanderung an Stempel-
abgaben und Ausfertigungsgebühren höchstens drei Mark erhoben
werden (8§ 24). Hierin liegt jedoch bloß eine reichsgesetzliche Ermäch--
tigung unter gleichzeitiger Bestimmung einer Grenze. Zur wirklichen
Erhebung von Stempel und Gebühren bedarf es immer landesgesetz-
licher Grundlagen.
Wird einem preußischen Staatsangehörigen die Entlassungsurkunde
in Friedenszeiten versagt, so findet gegen den ablehnenden Bescheid
des Regierungspräsidenten bzw. des Berliner Polizeipräsidenten inner-
halb zwei Wochen die Klage beim Oberverwaltungsgerichte statts). In
Kriegszeiten bleibt also nur das Recht der Beschwerde.
2. Die Entziehung der Staatsangehörigkeit ohne den Willen des
Betreffenden durch einen Staatsakt ist von der Entziehung auf Antrag
ihrem Wesen nach nicht verschieden, da auch die Entlassung als ein-
seitiger Staatsakt aufzufassen war. Es fehlt hier nur das äußerliche Er-
fordernis des Antrages als notwendiger Voraussetzung der Entziehung.
In den beiden hier in Betracht kommenden Fällen erfolgt die Ent-
ziehung der Staatsangehörigkeit nicht durch die höhere Verwaltungs-
behörde, den Regierungspräsidenten, sondern durch die Zentralbehörde.
Die beiden Fälle sind folgende:
a) Deutsche, welche sich im Auslande aufhalten, können ihrer
Staatsangehörigkeit durch einen Beschluß der Zentralbehörde ihres
Heimatsstaates verlustig erklärt werden, wenn sie im Falle eines
Krieges oder einer Kriegsgefahr einer durch den Kaiser für das
ganze Reichsgebiet anzuordnenden ausdrücklichen Aufforderung zur
Rückkehr binnen der darin bestimmten Frist keine Folge leisten (8 20).
b) Tritt ein Deutscher ohne Erlaubnis seiner Regierung in
fremde Staatsdienste, so kann die Zentralbehörde seines Heimats-
staates ihn durch Beschluß seiner Staatsangehörigkeit für ver-
lustig erklären, wenn er einer ausdrücklichen Aufforderung zum Aus-
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8) Zuständigkeitsgesetz vom 1. August 1883, 8 166.