292 Das Versassungsrecht. 847
sichern und kommen daher ebensowohl Fremden wie Einheimischen
zugute“).
Gegenüber den Eingrissen Englands in die Gesetzgebung und
Verwaltung der nordamerilanischen Kolonien stellten diese ebenfalls
in dem Zeitalter ihrer Unabhängigkeitserklärung eine Anzahl von
Rechtsgrundsätzen auf, die sie für verletzt hielten und feierlich in
das öfsentliche Recht des Landes übernahmen.
Diesem Beispiele folgle die französische Nevolution unter dem
Einflusse derjenigen Franzosen, welche bei dem amerikanischen Unab-
hängigkeitskriege beteiligt gewesen waren. Die Revolntion, welche ein
ganz neues össentliches Recht für Frankreich schafsen wollte, sah sich
ebenfalls genötigt, die Hauptgrundsätze dieses neuen Rechtes aufeu-
stellen. Es hatte jedoch unter dem ancicn regime leine Verletzung des
bestehenden posiliven Rechtes stattgefunden. Die Rechtsgrundsätze, die
man aufstellte, konnten daher nicht wie in England in dem bestehen-
den Landesrechte wurzeln. Der Rechtstitel, unter dem man den
bestehenden Zustand angrisf, war vielmehr der, daß er mit dem
natürlichen, jedem Menschen angeborenen Nechte im Widerspruche stehe.
Man wollte ein neues Rechtssystem ohne Rücksicht auf das geschichtlich
gewordene allein aus der Natur des Menschen entwickeln. Die Hauptl-
grundsätze dieses neuen Rechtes werden aufgestellt in der auf den
Aintrag Lafayettes angenommenen „Iclaration des (dreits dc Phomme
et 4u citoyen“ vom 3. September 1791. Da diese Grundsätze aber
absahen von allen bestehenden Verhältnissen und allein aus der
menschlichen Natur entwickelt werden sollten, so konnten sie sich nur
in ganz allgemeinen Phrasen halten, die ihrer Verwirklichung durch
die weitere Verfassungs= und Verwaltungsgesetzgebung entgegensahent).
Bei der Einführung konstitutioneller Verfassungen nach den Frei-
heitslriegen in den einzelnen europäischen Staaten des Festlandes
konnte und wollte man sich diesem französischen Vorbilde nicht ent-
ziehen, die wichtigsten Grundsätze des neuen Staatsrechtes in kurzen
— —
3) Vgl. über das englische Recht im einzelnen Blackstone, Com-
mentaries l, chapt. 1 „Othenbsolutc rirhts obindivicknals“; Gueist, Englische
Verfassungsgeschichte, Berlin 1882, S. 538 ff.; Gueist, Das englische
Parlament in tausendjährigen Wandlungen, Berlin 1886, S. 236, 276.
4) Vgl. über die Menscheurechte Mignet, Ihisteuume de ln revelution
francaisc, Odessa 1866, S. 73; v. Sybel, Geschichte der Revolutionszeit,
Düsseldorf und Stuttgart 1859 ff., Bd. 1.