Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

294 Das Verfassungsrecht. 847 
Zweck, den individuellen Rechtskreis des einzelnen durch Aufhebung 
bisher vorhandener Beschränkungen zu sichern und gegen willkürliche 
Eingriffe der Obrigkeit zu schützen. 
Trotz der unverkennbaren Absicht, den einzelnen Staatsangehörigen 
als solchen gewisse Rechte gegenüber der Staatsgewalt zu sichern, sind 
aber doch die Grundrechte, ganz abgesehen davon, daß sie keine sub- 
jektiven Rechte der Staatsangehörigen sein können, kein Ausfluß der 
Staatsangehörigkeit. Die preußischen Grundrechte haben zum Gegen- 
stande Erwerb und Verlust der Staatsangehörigkeit, Gleichheit vor 
dem Gesetze, die Sicherung der persönlichen Freiheit, der Wohnung 
und des Eigentums, die Freiheit des religiösen Bekenntnisses und der 
Religionsgesellschaften, die Freiheit des Unterrichtes, der Presse, des 
Vereins= und Versammlungsrechtes, Bestimmungen über die Wehr- 
pflicht, die Aufhebung des Lehnsverbandes, der gutsherrlichen Gerichts- 
barkeit und der aus der Erbuntertänigkeit, der früheren Steuer= und 
Gewerbeverfassung stammenden Verpflichtungen. Die meisten dieser 
Grundrechte kommen aber nicht nur den Staatsangehörigen, sondern 
auch den innerhalb des Staatsgebietes sich aufhaltenden Fremden zu- 
gute, da diese, soweit nicht die sogenannten politischen Rechte und 
Pflichten in Betracht kommen, nach gegenwärtigem Völkerrechte mit 
geringen Ausnahmen den Inländern grundsätzlich gleichgestellt sind. 
Besonders auf die „Preußen“ beziehen sich nur die Bestimmungen über 
Erwerb und Verlust der Staatsangehörigkeit, die Freiheit der Mei- 
nungsäußerung, des Versammlungs= und Vereinsrechtes, das Peltitions- 
recht und die Wehrpflicht. Aber auch von diesen Rechten stehen einige 
den Fremden zu und haben ihnen seit Erlaß der Verfassungsurkunde 
stets zugestanden. Auch die Fremden sind in bezug auf die Freiheit 
der Meinungsäußerung nur den allgemeinen Strafgesetzen unter- 
worfen5b). Daß endlich ein so fragwürdiges „Necht“ wie das Petitions= 
recht, welches man zutreffend mit dem Rechte, spazieren zu gehen, 
auf eine Stufe gestellt hat, auch den Fremden zusteht, ist wohl selbst- 
verständlich. Wer sollte sie hindern, von jedem staatlichen Organe alles 
Mögliche zu erbitten? So blieben denn als Rechte der Preußen das 
Recht der Staatsangehörigkeit selbst und die Wehr,, pflicht“. Daß beide 
5) Daß unbequeme auswärtige Korrespondenten ausgewiesen wer- 
den können, ist keine Beschränkung ihrer Schreibfreiheit. Deun die Aus- 
weisung kann ohne jeden Grund erfolgen, lediglich weil sie Fremde sind.
	        
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