Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

8 48 Ständische Rechtsordnung. 301 
Die Bildungselemente des nunmehrigen Adels sind also zwei 
verschiedene, einmal das dingliche des Berufsstandes, der Besitz der 
mit dem ritterlichen Kriegsdienste belasteten Rittergüter, dann das 
persönliche des Geburtsstandes, die Zugehörigkeit zu einer adligen 
Familic. Beide Momente decken sich aber nicht vollständig. Nicht 
nur der Besitzer eines Rittergutes, sondern dessen ganze Familie ge- 
hört dem Adel an und nimmt an dessen persönlichen Vorrechten 
teil. Andererseits kann aber nicht jedermann adlige Güter erwerben, 
geschweige denn durch deren Erwerb den Adel erlangens). Damit 
verliert der Adel den Charakter eines Berufsstandes und wird zum 
Geburtsstande. Die Nachwirkung des früheren Charakters als Ge- 
burtsstand zeigt sich nur noch darin, daß der Erwerb der adligen 
Güter auf die Mitglieder der adligen Familien beschränkt ist, ein 
Grundsatz, der auch nach Aufhebung des Lehnsverbandes unter Friedrich 
Wilhelm I. und der damit ermöglichten freien Veräußerung der 
Rittergüter festgehalten wird. 
Der Erwerb des Adels erfolgt aber nur durch Geburt oder 
landesherrliche Verleihung. Der Adel ist demnach ein in sich ge- 
schlossener Geburtsstand, der allein durch landesherrliche Verleihung 
neue, ihm nicht durch Geburt angehörige Mitglieder erhalten kann. 
Er hat ferner ein ausschließliches Recht auf den Besitz der mit der 
Auslibung staatlicher Hoheitsrechte ausgestatteten Rittergüter und 
sonstige Vorrechte, darf aber in die anderen Ständen vorbehaltenc 
Beschäftigungsart auch seinerseits nicht übergreifen. 
Diese Grundsätze werden noch wiederholt im A. L.-R. II, 9. Der 
Adel wird demnach erworben durch Geburt oder landesherrliche Ver- 
leihung (8 2). Er ist ausschließlich zum Besitze adliger Güter berech- 
tigt (§ 37) und kann aus denselben Fideikommisse errichten (8 40). 
Aber auch wenn ein Nichtadliger adlige Güter mit landesherrlicher 
8) Ehe der Adel sich zu einem persönlichen Geburtsstande abschloß, 
galt es als selbstverständlich, daß der mit einem adligen Gute Be- 
liehene in jeder Hinsicht dieselben Rechte genieße wie seine Berufs- 
genossen. Die Neuerung des Briefadels unter Kaiser Karl IV. 
bestand nicht darin, daß der Kaiser den Adel verlieh, sondern 
daß er ihn ohne Lehen verlieh, also adlige Personalisten 
schuf. Die schon angebahnte Entwicklung des Adels aus einem 
Berufsstande der größeren Grundbesitzer zu einem Geburtsstande mußte 
durch den Briefadel in hohem Maße befördert werden.
	        
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