304 Das Verfassungsrecht. 8 48
dem Bauernstande eigentümliche Beschäftigung ist der Betrieb der
Landwirtschaft, zu welcher er nötigenfalls vom Staate durch Zwangs—
mittel angehalten wird (88 8, 9).
Das Bcamtentum einschließlich der nach dem fridericianischen
Staatskirchenrechte dazu gehörigen Geistlichleit ist dagegen nicht ein
geschlossener Geburtsstand im Sinne der sländischen Rechtsordnung,
sondern eine bloße Gesellschaftsklasse, welche jeder zu einem Amte
befähigten Persönlichkeit ossen steht. Da der Einteilungsgrund ein
ganz verschiedener ist, so schließt die Eigenschaft als Beamter die
Zugehörigkeit zum Adel oder zum Bürgerstande nicht aus. Nur der
Bauer kann als dem Gutsherren persönlich untergeben nicht Beamter
werden, weil dem Staate die ausschließliche Gewalt über seine Organe
zustehen muß. Der Charakter des Beamtentums als einer reinen
Berufsklasse erleidet jedoch zwei Einschränkungen, in denen sich der
Einfluß der ständischen Rechtsordnung auch auf diesen bereits der
modernen Staatsentwicklung angehörigen Stand zeigt. Die eine ist
die bereits erwähnte Ausschließung des Bauernstandes, dessen Mit-
glieder in das Beamtentum nur eintreten können, wenn sie durch die
Entlassung seitens ihres Gutsherren ihr Verhältnis zu ihrem bis-
herigen Stande gelöst haben. Ferner wird dem Adel eine vorzügliche
Berechtigung zu den Ehrenstellen im Staate, zu denen er sich geschickt
gemacht, zugesprochen. Im übrigen ist die Fähigkeit zu den Aemtern
unter den rechtlich vorgeschriebenen Voraussetzungen für alle Staats-
angehörigen gleich. Da der Adel als der privilegierteste Stand seine
Vorrechte auch dann festhält, wenn seine Angehörigen Beamte sind,
so müssen umgekehrt die nichtadligen Beamten dem Bürgerstande
angehören. Auch hierin zeigt es sich, daß das Beamtentum kein
eigentlicher Stand im Sinne der ständischen Rechtsordnung ist. Die
dem Bürgerstande angehörigen Beamten genießen aber als „Eximierte“
besondere Vorrechte und sind von den sonst den Mitgliedern des
Bürgerstandes obliegenden Lasten sowie von der Gerichtsbarkeit ihres
Wohnortes befreit1o), sowie in Beziehung auf ihre persönlichen Ver-
hällnisse dem Adelstande fast in jeder Hinsicht gleichgestellt. Die
Dienstpragmatik ist dagegen für adlige und bürgerliche Beamte und
Geistliche dieselber:).
10) 8 3 II, 8 A. L.-R.
11) Tit. 10 und 11, II A. L.-R.