Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

8 49 Der niedere Adel. 311 
frei, für seine Person auf seinen Adel zu verzichten, er kann jedoch 
dadurch seinen Nachkommen den Adel nicht entziehen. Das Landrecht 
sagt dies nicht ausdrücklich, setzt es aber voraus, indem es, wenn 
eine adlige Familie sich durch zwei Geschlechtsfolgen des Adels nicht 
bedient, demjenigen, der ihn wieder annehmen will, den Nachweis 
seiner Berechtigung dazu vor dem Landesjustizkollegium auferlegtts). 
Dagegen ist der im Landrechte noch anerkannte Verlust des Adels 
infolge des Betriebes bürgerlicher Gewerbe durch das Edikt vom 
9. Oktober 1807, der Verlust infolge richterlicher Aberkennung durch 
das Reichsstrafgesetzbuch aufgehoben worden. 
Die Aufhebung der richterlichen Aberkennung des Adels gibt 
jedoch zu schweren Bedenken Anlaß. Eine dahin gehende Bestimmung 
des Kommissionsentwurfes des Str.-G.-B. ist bekanntlich durch Beschluß 
des Bundesrates beseitigt und später nicht wieder ausgenommen 
wordennt). Hierbei konnte der Bundesrat nur von der zweifellos 
diskutierbaren Auffassung ausgehen, daß der Adel in der heutigen 
Staats- und Rechtsordnung nicht mehr den Charakter eines besonderen 
Rechtes habe und deshalb auch durch Verbrechen nicht verloren gehe. 
In dieser Auffassung liegt jedoch eine Verwechslung der Begriffe 
Vorrecht und Ehrenrecht. Ein Vorrecht gewährt der Adel allerdings 
rechtlich nirgends mehr, wohl aber eine Ehrenauszeichnung. Er steht 
in dieser Hinsicht der Ordensauszeichnung durchaus gleich. Daß er 
noch eine Ehrenauszeichnung gewährt, ergibt nicht nur die allgemeine 
Volksanschauung, sondern auch die Möglichkeit von neuen königlichen 
Verleihungen. Ist das Adelsprädikat keine Auszeichnung, sondern nur 
ein Teil des Namens, so würde die Ausschließung der Adelsvererbung 
durch Adoption, Reskriptlegitimation oder außereheliche Geburt, vor 
allem aber die Möglichkeit der Verleihung des Adels ein logischer 
Widersinn sein. Ist aber der Adel noch eine Ehrenauszeichnung, 
so steht damit im unlöslichen Widerspruche, daß er durch Verbrechen 
nicht verwirkt wird. Welchen Charakter man dem Adel beilegen will, 
ist eine Frage der Politik, die hier nicht weiter zu erörtern ist. 
Jedenfalls steht entweder die Unzulässigkeit der Aberkennung oder die 
Möglichkeit der Vererbung nach anderen Grundsätzen als den für den 
18) 8 90 II, 9 A. L.-R., § 120 Anh. 
11) Vgl. Berner, Deutsches Strafrecht, 13. Aufl., Leipzig, 
1881, S. 89.
	        
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