312 Das Verfassungsrecht. 8 49
bürgerlichen Namen maßgebenden, sowie die Möglichkeit der Adels—
verleihung mit dem juristischen Wesen des Adels im Widerspruche.
Der Nachweis des Adels war nach 88 18, 19 A. L.-R. II, 9
noch insofern erleichtert worden, als der Besitz des Adels im Jahre
1740 jede Beunruhigung seitens des Fislus ausschließen und der
44 jährige Besitz des Adels durch den Betreffenden selbst oder seine
Vorfahren die Vermutung für die Berechtigung begründen sollle.
Wenn diese Bestimmungen auch noch formell in Kraft sind, so dürfte
auf sie doch nur höchst selten zurückgegrissen werden, da bei der
heutigen freien Beweiswürdigung der RNichter den Nachweis des Adels
schon durch andere leichtere Beweismittel als erbracht ansehen wird.
Die Stusen des niederen Adels sind in Preußen nicht wie nach
manchen anderen deutschen Partikularrechten, z. B. dem bayerischen,
gesetzlich festgestellt worden. Es bleibt daher der Krone unbenommen,
durch Verleihungen neue, bisher nicht übliche Adelsprädikate zu
schafsen. Ebenso kann ein Nichtpreuße, der die prenßische Staats-
angehörigkeit erwirbt, sein Adelsprädikat, auch wenn es sonst in
Preußen nicht vorkommt, wie das eines Marquis oder eines Ritters,
forlführen. In Preußen üblich und bis in die neueste Zeil allein
verliehen sind jedoch nur die fünf Adelsprädikate eines Herzogs,
Fürsten, Grafen, Freiherrn und eines gewöhnlichen Adligen mit dem
Prädikate „von“i6).
Der Adel als solcher genießt in Preußen verfassungsmäßig nicht
das geringste Vorrecht vor anderen Staatsangehörigen. Er ist nichts
anderes als ein Ehrenvorzug, der unter anderem auch dadurch geschützt
wird, daß das Str.-G.-B. 8 360 Nr. 8 die unberechtigte Führung
von Adelsprädikaten mit Strafe bedroht.
Dagegen steht es dieser verfassungsrechtlichen Aufhebung jeglicher
Adelsvorrechte nicht im Wege, wenn Korporationen die Mitgliedschaft
oder Stiftungen den Genuß gewisser Rechte von dem adligen Stande
abhängig machen. Die betressenden Bestimmungen der Statuten und
Stiftungen sind nicht für aufgehoben zu erachten, und es können
15) Das bloße „vonQ“ ist jedoch nicht notwendig Adelsprädikat, son-
dern wird auch von nichtadligen Familien geführt. Die Militär-Rang-
liste kürzt das adlige Von „v.“ ab, während sie das nichtadlige
ausschreibt. Andererseits führen manche adlige Familien, deren Adels-
prädikat anderweit ersichtlich ist, das Von nicht, z. B. die Grafen
und Freiherrn Grote.