Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

3198 Das Verfassungsrecht. 8 60 
den höheren Regierungsrechten gehörten. Zu diesen Rechten der 
Mediatisierten wurden namentlich gerechnet: 
a) Die Freiheit des Aufenthalts in jedem zu dem Bunde ge— 
hörigen oder mit ihm in Frieden lebenden Staate; 
b) die Aufrechterhaltung ihrer Familienautonomie mit der Maß- 
gabe, daß neue Verfügungen über Familienverhältnisse dem Sonverän 
vorgelegt werden sollten; 
c) privilegierter Gerichtsstand und Befreiung von aller Militär- 
pflichtigkeit für sich und ihre Familien; 
I) die Ausübung der bürgerlichen und peinlichen Gerichtsbarkeilt 
in erster und bei genügendem Umfange der Besitzung in zweiter In- 
stanz, Forstgerichtsbarkeit, Ortspolizei, Aufsicht in Kirchen= und Schul- 
sachen sowie über milde Stiftungen, dies alles jedoch nach Vor- 
schrift der Landesgesetze und unter der obersten Aufsicht der Staats- 
regierungen. 
Zur näheren Beslimmung dieser Befugnisse sollte zwecks Her- 
stellung eines übereinstimmenden Rechtszustandes in allen Bundes- 
staaten die königlich bayerische Verordnung von 1807 als Basis und 
Norm untergelegt werden. 
Art. 63 der Wiener Schlußakte vom 8. Juni 1820 legte der 
Bundesversammlung die Verpflichtung auf, auf die genaue Erfüllung 
des Art. 14 der Bundesakte zu achten, den einzelnen Bundesstaaten 
aber dem Bunde gegenüber die Aufrechterhaltung der dadurch begrün- 
deten staatsrechtlichen Verhältnisse. Für den Fall, daß Beschwerden 
der Mediatisierten von den Einzelstaaten nicht abgeholfen wurde, blieb 
den Medialisierten der Rekurs an die Bundesversammlung vorbehalten. 
Diese bundesrechtlichen Normen waren jedoch dem Charakter des 
Deutschen Bundes entsprechend keine unmitlelbar gültigen Gesetze, 
sondern begründeten nur eine verlragsmäßige Verpflichtung für die 
einzelnen Bundesstaaten gegenüber den anderen Vertragschließenden 
zum Erlasse entsprechender Rechtsnormen. 
In Preußen erging demnächst zur Regelung der standesherrlichen 
Verhältnisse die Verordnung vom 21. Juni 18152) und zur weiteren 
Ausführung der darin niedergelegten Grundsätze die Allerhöchste In- 
struktion vom 30. Mai 18203), die den Charakter einer Ausführungs- 
2) G.-S. 1815, S. 105. 
à1) G.-S. 1820, S. 81 ff.
	        
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