324 Das Verfassungsrecht. § 50
gangenen Novellen eingeführt worden. Das Verfassungsgesetz vom
10. Juni 1854 bezieht sich aber nur auf die Reichsstände, welche in
den Jahren 1815 und 1850 der preußischen Monarchie einverleibt
sind. Es wäre jedoch ungerechtfertigt, hieraus zu schließen, daß damit
die Rechte der Mediatisierten in Hannover und Hessen-Nassau der
verfassungsmäßigen Grundlage entbehrten, also beseitigt seien. Das
Verfassungsgesetz vom 10. Juni 1854 hatte die Absicht, im Wege der
authentischen Interpretation klarzustellen, daß die Verfassungsurkunde
mit der ausgesprochenen Aufhebung aller Standesvorrechte die völker-
rechtlich gewährleisteten Nechte der Mediatisierten nicht berührt habe.
Wenn es, um den Kreis dieser Personen fest zu bestimmen, nur die
1815 und 1850 der preußischen Monarchie unterworfenen ehemaligen
Reichsstände nennt, so meint es damit alle dem preußischen Staate
untergebenen ehemals reichsunmittelbaren Fürsten und Grasen. Da
zur Zeit des Erlasses des Gesetzes nur in den Jahren 1815 und 1850
standesherrliche Gebiete mit Preußen vereinigt waren, so konnten diese
Jahre zur Bezeichnung der Gesamtheit gebraucht werden. Jedenfalls
sind die Worte „in den Jahren 1815 und 1850“ kein wesentlicher
Bestandteil der Begriffsbestimmung. Das Verfassungsgesetz vom
10. Juni 1854 hat daher auch für die neuen Landesteile insofern
zur Anwendung zu kommen, als es die bestehenden, durch die
Bundesakte geforderten Vorrechte der Standesherren aufrecht erhält.
Dagegen kann auch in den neuen Provinzen nach dem Gesetze vom
15. März 1869 eine Neuregelung nur im Wege der Gesetzgebung
erfolgen.
Es sind demnächst für das ganze Staatsgebiet neu geordnet
worden die Rechtsverhältnisse des Hauses Arenberg-Meppen durch
Gesetz vom 27. Juli 187514), des Hauses Sayn-Wittgenstein-Berle-
burg durch Gesetz vom 25. Oktober 187815), des Hauses Bentheim-
Tecklenburg vom gleichen Taget).
Die Auflösung des Deutschen Bundes hat den auf der Gesetz-
gebung der Einzelstaaten beruhenden Rechtszustand der Mediatisierten
nicht verändert, ihnen jedoch außer der Möglichkeit des Relkurses an
die Bundesversammlung auch die in den Bundesverträgen liegende
Gewähr der Aufrechterhaltung ihres Rechtszustandes entzogen. Aller-
11) G.-S. 1876, S. 327.
1) G.-S. 1878, S. 306.
16) O. a. O. S. 311.