9 51 Die einzelnen Mediatisierten. 331
so besitzt das Haus Stolberg in Preußen keine ehemals reichs-
unmittelbaren Gebiete. Es würde daher allerdings Anspruch auf die
persönlichen Vorrechte der Mediatisierten für alle diejenigen Mitglieder
seiner Familie haben, die in Preußen ihren Wohnsitz nehmen. Frag-
lich ist dagegen der Anspruch der drei Stolberger Linien auf die
dinglichen Vorrechte der deutschen Standesherren für die in der Pro-
vinz Sachsen belegenen Harzgrafschaften, in denen sie seit jeher eine
untergeordnete Landeshoheit teils unter brandenburgpreußischer, teils
unter kursächsischer Oberhoheit ausgeübt hatten.
Die Grasschaft Wernigerode war seit dem 13. Jahrhundert ein
kurmärkisches Lehen. Erst allmählich entwickelte sich aus der branden-
burgischen Lehnsherrlichkeit eine Landeshoheit, die ihren Ausdruck in
dem Rezesse vom 19. Mai 1714 fand. Die Grafen von Stolberg-
Wernigerode nahmen seitdem in ihrem Gebiete eine ähnliche Stellung
ein wie die Rittergutsbesitzer. Sie hatten eigene Gerichtsbarkeit und
Verwaltung über ihr Gebiet, aber nach den von dem preußischen
Staate erlassenen Gesetzen und unter Aufsicht der preußischen Behörden.
Nachdem die Grafschaft durch den Tilsiter Frieden unter fremde Herr-
schaft geraten war, stellte der Art. 23 der Wiener Kongreßakte das
frühere Verhältnis der Grasschaft zu Preußen wieder her. Ebenso
standen die Grafschaften Stolberg-Stolberg und Stolberg-Roßla bis
zum Jahre 1815 unter sächsischer Lehnsherrlichkeit und Landeshoheit').
Preußen, an welches beide Grasschaften 1815 fielen, beließ sie in
ihrem bisherigen Verhältnisse.
Hiernach ist es unzweifelhaft, daß die drei Stolberger Graf-
schaften nicht zu den 1806 oder seitdem mittelbar gewordenen Gebieten
gehören. Es können daher die Grafen von Stolberg für diese Graf-
schaften nicht die durch Art. 14 der Bundesakte zugesicherten Rechte
in Anspruch nehmen. Dagegen hat die preußische Landesgesetzgebung
den Grafen von Stolberg aus freien Stücken nicht nur die perfön-
lichen, sondern auch die dinglichen Vorrechte der Standesherren ein-
geräumt und sie mit diesen immer gleich behandelt. Man kann daher
behaupten, daß die Gleichstellung der Grafen Stolberg mit den anderen
5) Vgl. v. Römer, Kursächsisches Staatsrecht, Halle a. S. 1787 ff.;
Teil III, S. 71; Weiße, Sächsisches Staatsrecht, Leipzig 1824, Bd. 1,
S. 38; Bornhak, Die Mediatisierung der Grasschaften Stolberg-
Stolberg und Stolberg-Roßla in den Forschungen zur brandenburgischen
und preußischen Geschichte Bd. 19, S. 35 ff.