342 Das Verfassungsrecht. 852
durch einseitige Verfügung des Familienoberhauptes, beantwortet sich
nach den einzelnen Hausverfassungen. Das Herkommen ist jedenfalls
für den Familienvertrag.
In einzelnen Punkten war die Familienautonomie der Mediati-
sierten in neuerer Zeit aufgehoben worden durch das Reichsrecht. Das
Personenstandsgesetz vom 6. Februar 187524) hatte für die Erforder—
nisse der Eheschließung, die Gerichtsbarkeit in Ehesachen, Stellvertre—
tung der Verlobten und Aufgebot nur den Landesherren, den Mit—
gliedern der landesherrlichen Familien und der fürstlichen Familie
Hohenzollern die besonderen Bestimmungen der Hausgesetze und Obser—
vanzen vorbehalten, nicht dagegen für die mediatisierten Familien.
Diese sind damit dem gemeinen Eherechte unterstellt worden und
können daher auch nicht mehr die Ehe eines Mitgliedes ihres Hauses
mit einem Nichtebenbürtigen ausschließen. Für die früher geschlossenen
Ehen der Mediatisierten behalten dagegen ihre Hausgesetze ihre Ver—
bindlichkeit, da die Ehen unter ihrer Herrschaft eingegangen wurden).
Ebenso war die Autonomie der Mediatisierten, soweit nach ihr der
Erlaß von Bestimmungen über den Großzjährigkeitstermin zulässig
war, ausgehoben durch das Reichsgesetz vom 17. Februar 187520),
welches nur für die Landesherren, die Mitglieder der landesherr-
lichen Familien und der fürstlichen Familie Hohenzollern hausver-
sassungsmäßige Bestimmungen über den Beginn der Großjährigkeit
vorbehält. Dagegen hatte die preußische Vormundschaftsordnung vom
5. Juli 1875 nach § 101 die nach dem bisher geltenden Privat-
familienrechte der Häupter und Mitglieder der früher reichsständischen
Familien begründeten Rechte nicht berührt. Erst das E.-G. Art. 58
zum B. G.-B. behält in Ansehung der Familienverhältnisse und der
Güter der Mediatisierten und der ihnen gleichgestellten Familien die
Vorschriften der Landesgesetze und innerhalb ihres Rahmens der
Hausverfassungen wieder vor. Die zwischen 1875 und 1900 begrün-
deten Rechtsverhältnisse in bezug auf Ehe und Großzjährigkeit sind
aber nach gemeinem Rechte zu beurteilen. Als auch für die Zukunft
24) R.-G.-Bl. 1875, S. 23.
25) Deshalb war z. B. die Entsch. des Reichsgerichts in Zivils.,
Bd. 2, S. 146, vom 7. Mai 1880 in Sachen des Fürsten zu Sayn-
Wittgenstein--Sayn gegen die Witwe seines Bruders, geb. Lilienthal, ge-
rechtfertigt. ·
20)U"i.-G.-Vl.1875,S.71.