346 Das Verfassungsrecht. 53
Wollte man dagegen unter der Freiheit der Aufenthaltswahl
auch das Recht des beliebigen Eintrittes in fremde, d. h. außer-
deutsche Zivil= und Militärdienste verstehen, wie dies z. B. in der
bayerischen Deklaration vom 19. März 1807 anerkannt ist, so steht dem
gegenwärtig das Gesetz vom 1. Juni 1870 über den Erwerb und
Verlust der Bundes= und Staatsangehörigkeit entgegen. Dieses knüpft
an den Eintritt in ausländische Staatsdienste ohne Erlaubnis der
Regierung unter Umständen den Verlust der Staatsangehörigkeit, ohne
eine Ausnahme bezüglich der Standesherren zu machen. In den
deutschen Staaten sind aber nach Art. 4 der Reichsverfassung nicht
nur die Standesherren, sondern alle Reichsangehörigen zur Belleidung
öffentlicher Aemter in gleicher Weise berechtigt.
Die Freiheit der Aufenthaltswahl hat daher mit allen ihren
Folgen gegenwärtig aufgehört, ein Vorrecht der Standesherren zu sein.
8 53. Die dinglichen Rechte der Mediatisierten.
Die dinglichen Rechte der Mediatisierten sind die Reste ihrer
früheren Herrschergewalt über das ihrer Landeshoheit unterstehende,
früher reichsunmittelbare Gebiet, an das die Reichsstandschaft geknüpft
war. Die dinglichen Vorrechte können daher den Mediatisierten nur
dann zustehen, wenn sie noch ein derartiges Gebiet besitzen und in
dem Staate, in dem sie eine Standesherrschaft besitzen. Der Besitz
des standesherrlichen Gebietes ist aber nicht aufzufassen als der Besitz
der Domänen, an welche die Herrschaftsrechte subjektiv dinglich ange-
knüpft wären. Die Standesherrlichkeit ist keine Patrimonialherrschaft,
sondern der Rest einer Herrschaft über Land und Leute, ein Inbegriff
mehrerer selbständigen Rechte. Subjektiv dinglich an die Domänen
geknüpft war nur die Freiheit von Grundsteuern. Es ist daher sehr
wohl denkbar, daß ein Standesherr seine Domänen veräußert und
doch die übrigen dinglichen Rechte über sein Gebiet behältt).
Im Gegensatze zu den persönlichen Rechten, denen durchweg der
Charakter der subjektiven Berechtigung abgesprochen werden mußte,
ist der Kern der dinglichen Rechte, welche sich entwickelt haben aus
der früheren Herrschaft über Land und Leute, ebenso ein subjektives
1) Als Analogon ist hier zu erinnern an die Fortführung der
Grundbuchblätter der Rittergüter nach deren vollständiger Parzellierung
wegen noch fortbestehender grundherrlichen Rechte an den Bauergütern.