Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

28 Grundzüge der Verfassungsgeschichte. 85 
liegt, und deren Grundzüge deshalb hier nur angedeutet werden 
können. Die Ziele sind ausgesprochen in dem Notlifikationspatente 
über die Errichtung des Generaldirektoriums vom 24. Januar 1723 
und dessen Instruktion vom 20. Dezember 1722, der Verfassungs- 
urkunde des absoluten Beamtenstaates. Der Endzweck aller staatlichen 
Tätigkeit ist die Befestigung der königlichen Krone und Armee. Zur 
Erreichung dieses Zieles müssen alle Mittel angewendet, die Ein- 
künfte möglichst gesteigert werden durch die höchste Sparsamkeit, die 
schärfste Kontrolle der Beamten und Erhöhung der Stenerfähigkeit 
der Untertanen. Letzteres kann nur geschehen durch die Beförderung 
von Ackerbau, Handel und Industrie vermöge aller dem Staate zu 
Gebote stehenden Mittel. Zur Ausführung dieses Programmes diente 
u. a. die allgemeine Schulpflicht, welche nach dem Vorgange einzelner 
kleineren deutschen Staaten durch ein Edikt vom 9. Oktober 1717 
in allen Provinzen des Staates eingeführt wurde. 
Endlich ist hier noch auf das letzte Ziel der staatlichen Tätigkeit 
im Sinne Friedrich Wilhelms I., auf das Heerwesen, zurückzukommen. 
Die einfache Werbung, auf der die stehenden Heere anfangs beruhten, 
hatte bei deren Vergrößerung schon Ende des 17. Jahrhunderts 
nicht mehr ausgereicht. Man war deshalb seit 1693 zu der Rekru- 
tierung übergegangen, indem jeder Provinz die Stellung einer be- 
stimmten Anzahl Leute zur Ergänzung des Heeres auferlegt wurde. 
Erst wenn die Provinzen hierzu nicht imstande waren, sollte er- 
gänzungsweise die Werbung zulässig sein. Hierauf baute Friedrich 
Wilhelm I. weiter fort durch das sogenannte Kantonsystem, dessen 
Einführung 1733 durch zwei königliche Kabinettsorders erfolgte. Da- 
durch wurde jedem Regimente ein bestimmter Bezirk, Kanton, zur 
Rekrutierung angewiesen. Der Kantonpflicht unterworfen waren alle 
tauglichen männlichen Untertanen mit Ausnahme der „Söhne derer 
Ober-Offiziers, und überhaupt derer Edelleute, ingleichen der Söhne 
der Eltern, so 10 mille Rthlr. im Vermögen haben“. Die Ausnahme 
hinsichtlich des Adels rechtfertigte sich dadurch, daß er nur zum 
ritterlichen Kriegsdienste in der Lehnsmiliz verpflichtet, dieser Kriegs- 
dienst aber durch Zahlung der Lehnspferdegelder abgelöst war. Die 
Befreiung der Söhne von Kapitalisten sollte diese ins Land ziehen 
und damit zur Hebung des Volkswohlstandes beitragen. Grundsäs“zlich 
war aber durch das Kantonsystem die allgemeine Wehrpflicht aller 
Untertanen ausgesprochen. Die allgemeine Schulpflicht und die allge-
	        
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