864 Erwerb und Verlust der Vorrechte der Mediatisierten. 357
Die dinglichen Vorrechte der Mediatisierten haben dagegen zur
Voraussetzung den Besitz des ehemals reichsunmittelbaren und zur
Reichsstandschaft berechtigten Gebietes. Es ist dieses Erfordernis jedoch
nicht streng festgehalten worden. Vielmehr hat man auch mehreren,
persönlich zu den ehemals Reichsunmittelbaren gehörigen Personen für
in ihrem Besitze befindliche Gebiete, die niemals Reichsunmittelbarkeit
und Reichsstandschaft genossen, die dinglichen Vorrechte der Mediati—
sierten eingeräumt. Der bekannteste Fall sind die in der Provinz
Sachsen belegenen Besitzungen der Fürsten von Stolberg, die Graf—
schaften Stolberg-Wernigerode, Stolberg-Stolberg und Stolberg-Roßla,
die beim Untergange des alten Reiches schon nicht mehr reichsunmittel-
bar waren, sondern unter brandenburg-preußischer bzw. sächsischer
Landeshoheit standen. Ferner gehörten hierher der Herzog von Croy
wegen Dülmen, der Fürst von Bentheim-Steinfurt wegen Steinfurt
und der Fürst von Bentheim-Tecklenburg wegen Rhedat). Jedenfalls
sind jedoch die dinglichen Vorrechte der Standesherren an ein be-
stimmtes Gebiet geknüpft. Das Haupt der Familie erwirbt die Sonder-
stellung mit dem Besitze des standesherrlichen Gebietes und verliert
sie mit dessen Aufgabe.
Besonders in Betracht kommt hier die Aufgabe des Gehietes
durch Veräußerung. Eine solche kann selbstverständlich nur nach Maß-
Labe des Gesetzes erfolgen, d. h. nach den dafür seitens des Staates
erlassenen besonderen Rechtssätzen und nach den bestehenden Familien-
verträgen. Innerhalb dieser rechtlichen Schranken ist nun die Ver-
äußerung möglich an ein anderes Mitglied der standesherrlichen Familie
oder an einen Fremden.
Da die dinglichen Vorrechte den mediatisierten Familien für die
in ihrem Besitze befindlichen Gebiete zugesichert sind, so ist der Ueber-
Zang des Besitzes von einem Familienmitgliede auf ein anderes ein
rein innerer Vorgang, der das Verhältnis des Gebietes zum Staate
nicht berührt. Die der Familie für alle ihre Glieder, sobald sie in
den Besitz der Standesherrschaft kommen, zugesicherte Sonderstellung
leht einfach von einem Familienmitgliede auf ein anderes über. Der
Erwerber wird Haupt der Familie, der Veräußerer tritt unter die
Übrigen Familienmitglieder zurück.
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1) Vgl. Acte final du congrès de Vienne, art. 43.