372 Das Verfassungsrecht. g 67
sonen angehören können, die nicht Staatsangehörige sind, kommt für
Preußen nicht in Betracht.
Das Sonderrecht des königlichen Hauses ist hervorgegangen aus
dem Sonderrechte des deutschen hohen Adels überhaupt, zu dem in
der Zeit des Reiches die königliche Familie als eine reichsunmittelbare,
deren Haupt mit Reichsstandschaft und Landeshoheit versehen war,
gehörte.
Da die Mitglieder des hohen Adels nicht als Untertanen des
Chefs ihres Hauses, sondern als reichsunmittelbar galten, so konnte
sich im allgemeinen das Sonderrecht des hohen Adels außer durch die
Reichsgesetzgebung nur im Wege des Vertrages unter den Familien—
mitgliedern entwickeln. Eine Landesgesetzgebung war in dieser Be—
ziehung unzulässig, da die Mitglieder eines landesherrlichen Hauses
als Untertanen des Kaisers allein auch der landesherrlichen Gesetzgebung
nicht unterworfen sein konnten. Anders lag das Rechtsverhältnis in
Preußen. Der König als souveräner Herrscher von Preußen wal
dem Reiche nicht unterworfen. Innerhalb des Gebietes, das er als
Souverän beherrschte, konnte es deshalb keine dem Könige neben-
geordneten Personen geben, sondern nur Untertanen. Daß die Mit-
glieder des königlichen Hauses in Preußen Untertanen seien, war da-
her nicht zweifelhaft. Bei der fast vollständigen Unabhängigkeit der
übrigen Gebiete von der Reichsgewalt trat jedoch auch in den Reichs-
gebieten die Reichsunmittelbarkeit der Mitglieder des königlichen Hauses
in den Hintergrund). Die spätere preußische Gesetzgebung, insbesondert
das Allgemeine Landrecht, erkennt daher eine Reichsunmittelbarkeil
der Mitglieder des königlichen Hauses nicht mehr an, sondern betrachtel
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Sonderrechte der souveränen und der mediatisierten vormals reichsständi
schen Häuser, Berlin 1871; Rehm, Das landesherrliche Haus, Erlanger
und Leipzig 1901; Reh m, Modernes Fürstenrecht, München 1907
Hauptmann, Modernes Fürstenrecht im Archiv für öffentl. Rech
Bd. 22 (1907), S. 193 ff. Eine kurze Hausgeschichte gibt H. Schulät!
als Einleitung zu den Hohenzollernschen Hausgesetzen im dritten Bankt
seiner Hausgesetze. Vgl. auch die Literaturangaben zu den 88 14, 20
27, 28, 650.
hh Zum letzten Male anerlannt ist der Unterschied gelegentlich del
Einmischung Kaiser Karls VI. in dem Prozeß des Kronprinzel
Friedrich. König Friedrich Wilhelm I. gab hier die Erklärung ab
er werde nötigenfalls den Kronprinzen in Preußen richten lassen, we
er Souverän sei.