Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

867 Das königliche Haus. 373 
sie als Untertanen des Königs. Das Problem, inwieweit und mit 
welchen Folgen Mitglieder des Hauses eine andere Staatsangehörigkeit 
haben können, ist für Preußen gegenstandslos. Damit waren sie 
auch der staatlichen Gesetzgebung unterworfen. Die Fortentwicklung 
der Hausverfassung konnte nunmehr durch die königliche Gesetz- 
gebung erfolgen. Insbesondere erging das Hausgesetz König 
Friedrich Wilhelms I. vom 13. August 1713 als einseitiges könig- 
liches Edikt. Dagegen wurde bei dem jenes Edikt abändernden 
Hausgesetze vom 17. Dezember 1808 über die Veräußerung der Do- 
mänen die Zustimmung der Agnaten eingeholt, obgleich anerkannt 
wurde, daß der Erlaß auch ohne Zuziehung der Agnaten im Wege 
der einseitigen königlichen Verordnung hätte erfolgen können. Ein 
neueres Hausgesetz ist nicht erlassen worden, insbesondere hat auch 
nicht wie in den meisten deutschen Staaten während des 19. Jahr- 
hunderts eine Kodifikation des Hausrechtes stattgefunden. Dieses beruht 
daher, abgesehen von besonderen die königliche Familie betreffenden 
Gesetzen immer noch auf den alten Hausgesetzen bzw. der Haus- 
observanzs). 
Ein großer Teil der hausgesetzlichen Bestimmungen, nämlich die- 
jenigen über das Thronfolgerecht, die Thronfolgeordnung und das 
Domänenrecht, hat gegenwärtig den Charakter des Gesetzes bzw. des 
Verfassungsgesetzes, kann daher nur im Wege der Gesetzgebung abge- 
ändert werden, ohne daß es einer Zustimmung der Agnaten bedürfte, 
da diese wie alle anderen Staatsangehörigen dem Gesetze unterworfen 
sind. Andere hausgesetzliche Bestimmungen sind durch die neuere 
Gesetzgebung vollständig ersetzt, z. B. die über die Regierungsvormund- 
schaft durch die Artikel der Verfassungsurkunde betreffend die Regent- 
schaft. Der Autonomie des königlichen Hauses sind nunmehr nur noch 
die rein privatrechtlichen Bestimmungen überlassen. Es könnte sich nun 
fragen, inwiefern diese gegenwärtig einer Fortentwicklung fähig sind. 
Die förmliche Gesetzgebung kann aus dem obenangeführten Grunde auch 
hier eingreifen. Soweit sie dies nicht tut, vielmehr der Antonomie 
des königlichen Hauses freien Spielraum läßt, sind die bis zum Erlasse 
der Verfassungsurkunde bestehenden Rechtsverhältnisse unverändert 
geblieben. Der König kann also zur Regelung der Rechtsverhältnisse 
des königlichen Hauses einseitige Verordnungen innerhalb der gesetz- 
—— — 
2) vVgl. 8 14.
	        
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