867 Das königliche Haus. 375
Die Vorrechte der Mitglieder des königlichen Hauses lassen sich
abgesehen von dem besonderen Familien= und Vermögensrechte und
der Titulatur auf keinen einheitlichen Gesichtspunkt zurückführen, wie
dies auch bei der Sonderstellung der übrigen bevorrechteten Klassen
nicht möglich war. Man kann die meisten in einzelnen Gesetzen ver-
streuten Sonderrechte nur in Form eines Kataloges aufzählen. Die
Vorrechte scheiden sich sonach in solche, die aus der Mitgliedschaft des
königlichen Hauses sich unmittelbar ergeben, und solche, die auf be-
sonderen gesetzlichen Bestimmungen beruhen.
1. Die allgemeinen Vorrechte ergeben sich aus der Zugehörigkeit
zum königlichen Hause als einem solchen, dessen Haupt Souverän eines
Staates ist. Diese Vorrechte knüpfen geschichtlich an die Sonderrechte
des hohen Adels Deutschlands, insbesondere dessen Autonomie auf dem
Gebiete des Familien= und Vermögensrechtes an. Sie haben also
denselben Ursprung wie die Vorrechte der Mediatisierten. Es ist im
Anschlusse daran vielfach die Frage aufgeworfen worden, ob die landes-
herrlichen Familien noch heute zum hohen Adel gehören, oder ob sie
durch Erlangung der Souveränetät seitens ihrer Häupter sich über
jeden Adel erhoben haben. Die Frage beantwortet sich sehr einfach.
Der Begriff des hohen Adels ist ein geschichtlich überkommener. Seine
Merkmale, Reichsunmittelbarkeit aller Familienglieder, Reichsstandschaft
und Landeshoheit des Familienhauptes, stammen aus dem früheren
Reichsstaatsrechte, der Begriff des hohen Adels läßt sich nur aus
diesem, nicht aber aus dem heutigen Staatsrechte entwickeln. Muß
man aber, um die Begriffsbestimmung des hohen Adels zu gewinnen,
auf das geschichtliche Reichsstaatsrecht zurückgehen, und gibt dieses
allein die maßgebenden Normen, so gehören unzweifelhaft nicht nur
die Mitglieder der landesherrlichen Familien, sondern auch die Landes-
herren selbst zum hohen Adel Deutschlands. Irgendwelche juristische
Folgerungen für das heutige Recht kann man jedoch aus dieser Tatsache
nicht ziehen. Sie gibt zwar eine geschichtliche Erklärung für das
Vorhandensein der besonderen Rechtsstellung sowohl der Mediatisierten
wie der landesherrlichen Häuser. Ihren Rechtsgrund findet aber diese
Sonderstellung nach heutigem Rechte nicht in der Zugehörigkeit zum
hohen Adel, sondern in besonderen Rechtsgrundlagen.
Hinsichtlich der privatrechtlichen Sonderstellung hat das E.-G.
Art. 57 zum B. G.-B. für die Landesherren und die Mitglieder der
landesherrlichen Familien die Vorschriften des B. G.-B. nur insoweit