Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

376 Das Versassungsrecht. 8 57 
für anwendbar erklärt, als nicht besondere Vorschriften der Haus- 
verfassungen oder der Landesgesetze abweichende Bestimmungen ent- 
halten. Das A. L.-R. II, 13 trifft solgende Anordnungen: 
„§ 17. Rechtsangelegenheiten, welche die Personen= und Familien- 
rechte des Landesherrn und seines Hauses betreffen, werden nach 
den Hausverfassungen und Verträgen bestimmt. 
8 18. Andere Privathandlungen und Geschäfte derselben sind 
nach den Gesetzen des Landes zu beurteilen.“ 
Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß diese Bestimmungen 
als verfassungsrechtliche nicht nur im Geltungsgebiete des Allgemeinen 
Landrechtes, sondern im ganzen Staatsgebiete zur Anwendung zu 
kommen haben. Das königliche Haus genießt also eine privatrechtliche 
Autonomie nur auf dem Gebiete des Personen= und Familienrechtes, 
ist aber sonst den allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen unterworfen. 
In diesem Umfange ist die Autonomie durch alle späteren, das Per- 
sonen= und Familienrecht betreffenden Reichs= und Landesgesetze auf- 
recht erhalten worden'). Innerhalb dieser gesetzlichen Schranken sind 
nun für das Privatrecht der Mitglieder des königlichen Hauses die 
mehrerwähnten Hausgesetze und Observanzen bestehen geblieben. 
Wegen der besonderen Voraussetzungen der Eheschließung ist auf 
die Ausführungen bei der Thronfolge zu verweisen. Die Großjährig- 
keit tritt für das Familienhaupt nach Art. 54 der Verfassungsurkunde 
mit dem vollendeten 18. Lebensjahre ein. Derselbe Großzjährigkeits- 
termin ist aber auch maßgebend für die übrigen Mitglieder des könig- 
lichen Hauses und zwar nicht nur in staatsrechtlicher, sondern auch in 
privatrechtlicher Beziehungs). 
— 
7) Vgl. Reichsgesetz vom 6. Februar 1875 über die Beurkundung 
des Personenstandes und die Eheschließung — N.--G.-Bl. 1875, S. 23 
— 8 72, welches in betreff der Erfordernisse der Eheschließung, der 
Gerichtsbarkeit in Chesachen, der Stellvertretung der Verlobten 
und des Ausgebotes Hausgesetze und Observanz entscheiden läßt, 
als Form der Eheschließung zwar die Erklärung vor dem Standes- 
beamten einführt, aber die Ernennung des Standesbeamten und die 
Bestimmung über die Art der Führung und Aufbewahrung der Standes- 
register der Anordnung des Landesherrn überläßt; Reichsgesetz vom 
17. Februar 1875 betresfend das Alter der Großjährigkeit — R.-G.-Bl. 
1875, S. 71 — §9 2 und preußische Vormundschaftsordnung vom 
5. Juli 1875 8 100. 
s) Vgl. die Belege hierfür aus der Verordnung Kurkfürst 
Friedrichs I. von 1437 und aus dem Geraischen Hausvertrage von
	        
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