32 Grundzüge der Verfassungsgeschichte. 86
Kontribution ist. Die städtische Bevölkerung ist, abgesehen von einigen
veralteten Grundsteuern, vorwiegend der indirekten Besteuerung, der
Aklzise, unterworfen. Jedenfalls war die Besteuerung der städtischen
Bevölkerung wiederum eine niedrigere als die des Bauernstandes. Es
ist nun eine eigentümliche Erscheinung, daß der Bauer, der die höchsten
Steuern zahlt, vollständig an die Scholle gebunden ist. Wenn er in
die Stadt zieht oder adlige Güter erwirbt, so würde er weniger
Steuern zahlen. Der Bürger kann bänerliche Güter erwerben, womit
er alle bäuerlichen Lasten überkommt, nicht aber adlige; durch ersteren
Erwerb würden sich seine Steuern vermehren, durch letzteren ver-
mindern. Der Adel endlich wärc bei dem Betriebe bürgerlicher Ge-
werbe zwar nicht von der Akzise, wohl aber von verschiedenen anderen,
die Bürger treffenden Lasten, namentlich dem Zolle, befreit gewesen,
wodurch besonders bei einem größeren Gewerbebetriebe für die
Staatskasse sich erhebliche Ausfälle ergeben hätten. Geschichtlich war
allerdings diese dreifach verschiedene Steuerverfassung bewirkt worden
durch die ständische Gliederung der Gesellschaft, indem der schwächste
Stand, der bäuerliche, zuerst und am stärksten, der zweitschwächste,
der Bürgerstand, demnächst und unter geringerer Anspannung der
Steuerkraft, der stärkste, der Adel, zuletzt und nur in verhältnismäßig
geringem Maße den Stenerforderungen des absoluten Staates nach-
geben mußte. Nachdem diese Stenerverfassung aber einmal bestand,
mußte sie das stärkste Bollwerk der ständischen Nechtsordnung werden.
Das Finanzinteresse des Staates war aufs engste mit ihr verknüpft,
und ihre Beseitigung hätte eine vollständige Finanzreform nölig ge-
macht. War die Steuerverfassung bei ihrem Entstehen eine Folge der
ständischen Gliederung der Gesellschaft gewesen, so war sie jetzt eine
der schwerwiegendsten Ursachen für deren Aufrechterhaltung. Der in
dem Beamtentume vorwiegende Adel hielt seinerseits mit Entschieden-
heit an der dreigliedrigen Steuerverfassung fest. So bewegte sich das
ganze Staatsleben in einem Kreise, aus dem man keinen Teil heraus-
nehmen konnte, ohne das Ganze zu zerstören. Der bekannte Ausspruch,
daß im 18. Jahrhundert der preußische Staat mit dem Landrate auf-
gehört habe, die Ortsverwaltung also den Ständen überlassen gewesen
sei, sagt daher noch zu wenig. Das Ständetum machte seine Einflüsse
noch auf das ganze Staatswesen geltend, auch wo formell der absolute
Beamtenstaat herrschte. Das Ergebnis ist das das ganze Ancien #régime
charakterisierende Kompromisß zwischen absoluter Staatsgewalt und