Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

414 Das Verfassungsrecht. g 63 
kann dies innerhalb dreier Tage nach der Bekanntmachung bei der 
Ortsbehörde oder der von ihr dazu niedergesetzten Kommission schrift- 
lich anzeigen oder zu Protokoll geben. Die Entscheidung darüber steht 
in den Städten der Gemeindeverwaltungsbehörde, auf dem Lande 
dem Landrate zu. In Gemeinden, die in mehrere Urwahlbezirke geteilt 
sind, geschieht die Aufstellung der Urwählerlisten nach den einzelnen 
Bezirken (§ 15 der Verordnung vom 30. Mai 1849). 
Die Wahl erfolgt nun nach Urwahlbezirken, in welche die Wahl- 
bezirke geteilt werden. Die Urwahlbezirke müssen so gebildet werden, 
daß darin höchstens sechs Wahlmänner zu wählen sind, und daß, 
soweit tunlich, die Zahl der in einem jeden zu wählenden 
Wahlmänner durch drei teilbar ist. Auf jede Vollzahl von 250 Seelen 
ist ein Wahlmann zu wählen. Gemeinden von weniger als 750 
Seelen sowie nicht zu einer Gemeinde gehörende bewohnte Besitzungen 
werden von dem Landrate mit einer oder mehreren benachbarten 
Gemeinden zu einem Urwahlbezirke vereinigt. Dagegen sind Gemeinden 
von 1750 oder mehr als 1750 Seelen von der Gemeindeverwaltungs- 
behörde in mehrere Urwahlbezirke zu teilen. Diese müssen so ein- 
gerichtet werden, daß die Zahl der in einem jeden zu wählenden 
Wahlmänner durch drei teilbar ist (88 4—7 a. a. O.). 
Das Wahlrecht ist nun zwar ein allgemeines, es wird niemand 
durch einen Zensus ausgeschlossen. Dagegen ist es kein gleiches, sondern 
das Gewicht der einzelnen Stimmen ist verschieden abgestuft. Nach 
dem Vorbilde der rheinischen Gemeindeordnung von 1845 hat die 
Verordnung vom 30. Mai 1849 für die Abgeordnetenwahlen das 
Dreiklassensystem eingeführt. Es soll der in einem Großstaate mehr 
als in den Kleinstaaten vorhandenen Verschiedenheit der einzelnen 
Landesteile an Wohlstand, Bedeutung des Geldwertes und Schwanken 
der Erwerbsverhältnisse Rechnung tragen, auch ferner den wohl- 
habenden Klassen entsprechend ihren höheren Leistungen für den Staat 
ein größeres Gewicht gewähren, ohne doch wie bei dem Zensus die 
niederen Klassen von der Wahlberechtigung überhaupt auszuschließen). 
Nach Maßgabe der von ihnen zu entrichtenden direkten Staats“ 
und Kommunalsteuern werden die Urwähler in drei Abteilungen geteilt 
) Vgl. über die politische Bedeutung des Dreiklassensystems be- 
sonders R. v. Gneist, Die nationale Rechtsidee von den Ständen 
und das preußische Dreiklassenwahlsystem, VBerlin 1894.
	        
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