420 Das Verfassungsrecht. § 64
Denn „rex est caput principium et finis parliumenti“-. Die Berechnung
der Legislaturperiode von der Berufung an ist also einmal die not—
wendige Folge des monarchischen Prinzips. Sie ergibt sich aber auch
aus dem Zweikammersyhsteme, da die Legislaturperiode für beide Häuser
gleich sein mus, und das Herrenhaus keine Wahlkammer ist.
Nach Ablauf seiner Legislaturperiode ist das Haus der Abgeord-
neten neu zu wählen. Der König hat in dieser Beziehung die für
die Neuwahl erforderlichen Anordnungen treffen zu lassen. Innerhalb
welcher Zeit die Neuwahlen stattzufinden haben, ist nicht gesagt. Da
jedoch nach Art. 76 der Verfassungsurkunde die beiden Häuser des
Landtages regelmäßig in der Zeit von Ansang November bis Mitte
Jannar jedes Jahres einberusen werden sollen, so muß eine Neuwahl
nach Ablauf der Legislaturperiode jedenfalls so rechtzeitig stattfinden,
daß der Einberufung des Landtages in der nächstfolgenden verfassungs-
mäßigen Einberufungszeit nichts im Wege steht.
Der König ist fernerhin berechtigt, das Haus der Abgeordneten
aufzulösen. Voraussetzung der Auflösungsbesugnis ist jedoch, daß über-
haupt cin Haus der Abgeordneten bereits vorhanden ist. Dies ist
aber erst der Fall mit dem ersten Zusammentritte des Hauses auf
Grund der königlichen Berufung. Es ist nun zwar nicht erforderlich,
daß das Haus der Abgeordneten im Angenblicke der Auflösung ver-
sammelt ist, zulässig ist auch die Auflösung eines gerade nicht ver-
sammelten Hauses. Wohl aber muß ein Haus bestehen, wenn es
aufgelöst werden soll. Unzulässig erscheint es daher, wenn die Ab-
geordneten eben erst gewählt, aber noch nicht zum Abgeordnetenhause
als politische Körperschaft zusammengetreten sind, die Auflösung aus-
zusprechen. Denn elwas nicht Vorhandenes kann auch noch nicht ver-
nichtet werden. Wenn gleichwohl eine solche Auflösung statlfindet, so
läsßt sie sich bloß begründen durch die Fiktion, daß bereits ein
Abgcordnetenhaus durch Zusammentreten der Abgeordneten gebildet
worden wäre. Eine solche Fiktion erscheint jedoch ohne eine aus-
drüclliche gesetzliche Bestimmung, die den König zur Auflösung eines
noch nicht vorhandenen Hauses ermächligt, ungerechtfertigts).
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5) Uebereinstimmend v. Rönne, Pr. St.-R., Bd. 1, S. 285, N. 4,
aber aus anderen Gründen, da das Haus zu seiner Auflösung Anlass
gegeben haben müsse, anderer Ansicht v. önne-Zorn, Pr. St.-N.,
Bd. 1, S. 355, da die Wahl die rechtliche Existenz begründe.