" 66 Berufung, Vertagung und Schließung des Landtages. 433
schweigischen Verfassungt). Nach positiver Bestimmung der preußischen
Verfassungsurkunde Art. 51 ist jedoch die Berufung des Landtages
ausschließliches Recht des Königs. Er hat daher allein die Befugnis,
aus den zur Teilnahme am Landtage berechtigten Personen die poli-
tische Körperschaft zu bilden. Wollten sich die Mitglieder des Land-
tages ohne königliche Berufung versammeln, so würden trotz der
gleichen Personen nicht die beiden Häuser des Landtages, sondern
zwei Privatgesellschaften zur Erörterung politischer Gegenstände ver-
sammelt sein, deren Beschlüsse keinen Anspruch auf irgend welche
staatsrechtliche Bedeutung hätten.
Dem Könige steht natürlich der Regent vollständig gleich. Aber
auch wenn der Landtag die Notwendigkeit der Regentschaft noch nicht
anerkannt hat, ist eine solche bereits vorhanden. Nach Art. 56 der
Verfassungsurkunde hat bei Minderjährigkeit oder dauernder Ver-
hinderung des Königs der nächste volljährige Agnat die Regentschaft
zu übernehmen und sofort die beiden Häuser des Landtages zur Be-
schlußfassung über ihre Notwendigkeit zu berufen. Die Berufung
nimmt er also bereits vor als Regent, und der Landtag kann durch
seinen Beschluß die Regentschaft nicht begründen, sondern nur an-
erkennen. Diesem Falle steht die in Ermangelung eines volljährigen
aAgnaten nach Art. 57 der Verfassungsurkunde notwendige Berufung
des Landtages durch das Staatsministerium zwecks Wahl eines Re—
genten gleich. Der nächste Agnat wie das Staatsministerium handeln
als Regent bei Einberufung des Landtages:). Es sind daher in diesen
beiden Fällen keine Ausnahmen von dem Grundsatze zu sehen, daß
die Berufung des Landtages nur dem Könige zusteht.
Die beiden Häuser des Landtages bilden zusammen eine Einheit,
nur in ihrer Vereinigung sind sie die Vertretung des Volkes. Der
König kann daher nur beide Häuser gleichzeitig berufen. Der Be-
rufung eines einzelnen Hauses brauchten dessen Mitglieder nicht Folge
zu leisten und, wenn sie es gleichwohl täten, würden sie nicht ver-
assungsmäßig zum Landtage versammelt sein. Ihre Vereinigung
.
1) Vgl. Klüber 8 286. Rhamm,, Die Verfassungsgesetze des
Herzogtums Braunschweig, 2. Aufl., Vraunschweig 1907, S. 195. Es
handelt sich jedoch hier nur um außerordentliche Fälle, die in 8 113
er neuen Landschaftsordnung vom 11. Oktober 1832 besonders auf-
bezählt sind.
2) Vgl. 8 36.
Vornbak, Hpreußtlsches Staatsrecht. I. 2. Rull. 28