454 Das Verfassungsrecht. 869
Einzelpunkte die Zulässigkeit einer Mitwirkung des Landtages her-
vorheben müssen. Eine solche bloße Aufzählung hat jedoch keinen
Wert. Es kann sich daher nur darum handeln, die Art und Weise
darzustellen, in der der Landtag seine Befugnisse auszuüben hat.
1. Einwilligung zu Staatsakten in getreunten Häusern.
Die regelmäßige Form der Tätigkeit des Landtages ist die Be-
ratung und Beschlußfassung in jedem Hause für sich. Erteilen in
dieser Form die beiden Häuser des Landtages übereinstimmend ihre
Zustimmung zum Erlasse einer slaatlichen Erklärung, so liegt ein Ge-
setz vor. Denn Gesetz ist jede mit Zustimmung beider Häuser des
Landtages erlassene Willenserklärung des Königst). Aus diesem Ge-
setzesbegrisfe ergibt sich aber umgekehrt, daß überall, wo die Zustim-
mung beider Häuser des Landtages zu einer staatlichen Maßregel er-
sordert wird, in der Sache ein Gesetz vorliegt. Wenn z. B. nach
Art. 52 der Verfassungsurkunde die Vertagung der beiden Häuser
des Landtages ohne deren Zustimmung die Frist von dreißig Tagen
nicht übersteigen und während derselben Session nicht wiederholt wer-
den darf, so wäre es vollständig gleichbedentend, wenn die Ver-
fassungsurkunde statt dessen gesagt hätte: Die Vertagung darf nur
durch Gesetz erfolgen. Die Gesetzessorm ist nur nicht gewählt, weil
es keiner Verkündigung bedarf. Auch wird die formelle Gesetzeskraft
einer solchen Vertagung ausgehoben durch das dem Könige unbe-
schränkt zustehende Recht der Neuberufung.
Es ist fernerhin rechtlich gleichgüllig, ob die Zustimmung des
Landtages der staatlichen Anordnung vorangeht oder ihr nachfolgt.
In letzterem Falle spricht man gewöhnlich von einer Genehmigung.
Es besteht jedoch nicht der geringste rechtliche Unterschied zwischen
Zustimmung und Genehmigung. Allerdings ist das Gesetz seinem
Begriffe nach erst vorhanden, wenn die Zustimmung des Landtages
erfolgt ist. Aber es steht nichts im Wege, den Erlaß einer staatlichen
Anordnung der Zustimmung des Landtages vorangehen zu lassen.
Die Anordnung ist dann allerdings zur Zeit des Erlasses Verord-
nung und wird erst Gesetz mit der Genehmigung des Landtages. Ge-
setz ist der übereinstimmende Herrscher und Volkswille ohne Rück-
sicht darauf, in welcher Reihenfolge die übereinstimmenden Willens-
erklärungen abgegeben sind. Denn alb c ist genau dasselbe wie
1) Vgl. 8 78.