Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

460 Das Verfassungsrecht. § 69 
Behörden oder einzelnen Staatsangehörigen in amtlichen Verkehr treten. 
Eine Ausnahme von diesem Grundsatze hälte ausdrücklich ausgesprochen 
werden müssen. Da dies nicht geschehen ist, so erscheint auch in diesem 
Falle die Kommission nicht zur selbständigen Feststellung von Tat- 
sachen besugt. Andererseits kann sich aber ihre Tätigkeit nicht nur 
auf die Feststellung von Einzeltatsachen im Gegensatze von Maß- 
regeln der Staatsregierung im ganzen erstrecken. Es kann davon 
abgesehen werden, ob sich eine solche Unterscheidung logisch feststellen 
läßt. Jedenfalls hat die Verfassungsurkunde eine solche Beschränlung 
nicht ausgesprochen, und es erscheint ungerechtfertigt, eine solche hinein 
zu legen. Der Kommission muß daher auch die. Beurteilung 
von Maßregeln der Staatsregierung im ganzen zustehen. 
Man hat ferner behauptet, die Kommission sei eine selbständige 
Untersuchungsbehörde, die bei ihrer Tätigkeit nicht lediglich auf die 
Vermittlung des Ministeriums angewiesen sei'). Es habe der Volks- 
vertretung ein ganz exzeptionelles Recht gewährt werden sollen). 
Dieser Auffassung stehen zwei Gründe entgegen, von denen allerdings 
nur der eine ein rein juristischer ist, während der andere mehr in das 
politische Gebiet fällt. Eine Ausnahme von dem Grundsatze, daß 
die Volksvertretung mit keinem anderen staatlichen Organe als dem 
Ministerium in Verkehr treten darf, hätte zum mindesten ausge- 
sprochen werden müssen. Es genügt nicht, daß der Gesetzgeber der 
Untersuchungskommission dieses Recht hat geben wollen, wenn er dieser 
Absicht in der Fassung des Gesetzes keinen Ausdruck verliehen hat. 
Das ist aber nicht geschehen. Es würde ferner, wenn die Kommission 
eine selbständige Untersuchungsbehörde wäre, die Bestellung einer 
solchen nur aus dem Mißtrauen gegen die Regierung hervorgehen. 
Durch die verfassungsmäßige Möglichkeit, eine solche Kommission zu 
bestellen, wäre jedes Vertrauensverhältnis zwischen Regierung und 
Landtag ausgeschlossen. Es ist jedoch nicht anzunehmen, daß der 
Gesetzgeber das Mißtrauen zwischen Regierung und Volksvertretung 
zu einer ständigen Einrichtung des prenußischen Verfassungsrechtes 
machen wollte. 1 
7) v. Rönne, Pr. St.-R., Bd. 1, S. 293, nimmt für die Kom- 
mission die selbständige Untersuchung in Anspruch. Anders v. Rönne- 
Zorn, Pr. St.--R., Bd. 1, S. 367. 
3) So H. Schulze, Pr. St.-R., Bd. 1, S. 614.
	        
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