87 Die Zeit der Reformen u. der Revolution (1807—1848). 39
des bisherigen Steuersystems immer von neuem zu ständischen Bil-
dungen hindrängen, deren Aufhebung dagegen die Rückkehr zum
ständischen Wesen unmöglich machen.
Neben der Steuerreform, welche die in dem Edikte vom 9. Oktober
1807 angebahnte Aufhebung der ständischen Gliederung vollendete,
ging gleichsam als weitere Ausführung der in demselben Gesetze aus-
gesprochenen Aufhebung der Erbuntertänigkeit die sogenannte Ab-
lösungsgesetzgebung ihren Gang. Das Edikt vom 14. September 1811,
betreffend die Regulierung der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse,
verlieh das volle und reine Eigentum der erblichen, wie der nicht
erblichen Höfe deren Besitzern unter Wegfall der bäuerlichen Leistungen
und der gutsherrlichen Gegenleistungen gegen Entschädigung der Guts-
herren durch Rente oder durch Land. Die Entschädigung sollte bei
erblichen Bauergutsbesitzern ein Drittel, bei nicht erblichen die Hälfte
des Hofgutes betragen, erstere aber, wenn sie durch die Entschädigung
mehr belastet wurden, als durch die bisherigen Dienste, auf besondere
Ausmittelung einer entsprechenden Entschädigung antragen dürfen.
Allerdings wurde in den zur Ausführung des Ediktes erlassenen In-
struktionen der bisherige Schutz des Bauernlandes gegen die Einziehung
zu den Rittergütern zum großen Teile aufgegeben. Da die Regu-
lierung im einzelnen Falle nur auf Antrag des einen oder anderen
Teiles erfolgte, so machte die Ausführung des Ediktes eine jahr-
zehntelange Arbeit erforderlich. Die praktische Vollendung der Sozial-
reform konnte daher kaum abgesehen werden.
Zur Durchführung der Finanz= und Wirtschaftsresorm konnte
der schwerfällige Apparat einer obrigkeitlichen Selbstverwaltung nicht
genügen. Wenn auch die Städteordnung von 1808 noch unangetastet
blieb, so griff doch die Selbstverwaltung auf keinem Punkte weiter.
Auf dem flachen Lande hatte sich ihre Undurchführbarkeit bereits
ergeben. Die gutsherrliche Gerichtsbarkeit und Polizei blieben daher
zunächst bestehen. Der durch das sogenannte Gendarmerieedikt vom
30. Juli 1812 gemachte Versuch, die Ortspolizei den Schulzen und
Dorfgerichten unter Aufsicht der Gutsherren zu übertragen, kam nicht
zur Ausführung. Die Provinzial-- und Zentralverwaltung mußte da-
gegen dem berufsmäßigen Beamtentum verbleiben, da nur dieses den
großen Aufgaben, welche die Reform an die laufende Staatsverwal-
tung stellte, gewachsen war. Der Behördenorganismus wurde daher
gleich mit dem Eintritte Hardenbergs in das Ministerium einer Neu-