Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

478 Das Verfassungsrecht. 8 73 
die nicht unmittelbar in Kraft treten können, sondern noch einer 
besonderen, ihnen Wirksamkeit verleihenden Regierungstätigkeit be- 
dürfen. Dazu sind tatsächliche Anordnungen notwendig. Es kommen 
hier zwei Gruppen in Betracht, die Organisationsgesetze und die Er- 
mächtigungen der Regierung. 
Die Organisationsgesetze bestimmen die Zusammensetzung und die 
Zuständigleit der Behörden. Die Bestimmungen über die Zuständig- 
keit der Behörden gewinnen, vorausgesetzt, daß die Behörden bereits 
vorhanden sind, unmittelbar prallische Geltung. Anders ist es mit 
den Bestimmungen über die Zusammensetzung. Diese letzteren können 
in dem Gesetze nie so gefaßt werden, daß sie unmittelbar ins Leben 
trelen können, da dem Könige regelmäßig die Besetzung der Aemter 
zusteht. Der König muß also das Organisationsgesetz wenigstens 
durch Ernennung der Veamten zur Aussührung bringen. Vielfach 
bestimmen die Organisationsgesetze aber nicht einmal den Geschäftsgang 
der Behörden. Dann bleibt auch dieses königlicher Verordnung vor- 
behallen. Diese Ausführungsverordnungen enlhalten leine Rechtsvor- 
schriften, sie sind nur eine Anweisung für die Behörden, tatsächliche 
Anordnungen zur Verwirklichung des Gesetzes. 
Die Ermächltigungsgesetze bestimmen, daß unter gewissen gesetz- 
lichen Voraussetzungen der König eine tatsächliche Anordnung treffen 
darf oder treffen muß. Auch diese Gesetze können nicht mit ihrer 
Verkündigung ins Leben treten, sondern bedürfen, sobald die gegebenen 
Voraussetzungen eingetreten sind, einer königlichen Ausführungsverord- 
nung. Wenn unter bestimmten Bedingungen Korporationen oder 
Privatpersonen das Enteignungsrecht oder die Berechtigung zum Eisen- 
bahnbau oder Personenvereinigungen und Stiftungen Korporations- 
rechte verliehen werden dürsen, so tritt der Erwerb der betressenden 
Rechte nicht ein, wenn Personen diese Bedingungen erfüllen, sondern 
erst, wenn nach Ersüllung der Bedingungen der König ihnen das 
betressende Recht verleiht. Die Ausführungsverordnung, durch welche 
dies geschieht, enthält eine tatsächliche Anordnung, keine Rechtsvor- 
schrist. Sie schafft allerdings neues Recht, aber nur subjektive Berech- 
tigungen, also einen tatsächlichen Zustand, nicht objektive Rechtsnorm. 
Letztere liegt allein in dem Gesetze, welches die Rechtsnorm aussprichts). 
  
6) Würde das Gesetz eine Ermächtigungsklausel nicht enthalten, 
z. B. die Unverlesßlichkeit des Eigentums ohne Vorbehalt der Enteig- 
nung ausgesprochen sein, so könnte eine Euteignung nur im Wege
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.