Full text: Preußisches Staatsrecht. Erster Band. (1)

8 78 Die Ausführungsverordnungen. 479 
III. Die Ausführungsverordnung enthält als Instruktion oder 
Anweisung eine für gewisse Behörden verbindliche Gesetzesauslegung. 
Das Gesetz als Staatswille ist nicht nur verbindlich für die Be- 
hörden und anderen Staatsangehörigen, sondern auch für den König. 
Der König steht nicht außerhalb des Gesetzes, sondern das Gesetz gilt 
als sein eigener, des Königs, Wille auch für ihn, bis er es in ver- 
fassungsmäßiger Form abändert:). Soweit das Gesetz dem Könige 
die Norm für seine Regierung gibt, muß er das Gesetz anwenden. 
Jede Gesetzesanwendung erfordert aber die Gesetzesauslegung. Der 
König ist also befugt, das Gesetz, welches bestimmt, nach welchen 
Normen er bzw. seine Behörden sich richten sollen, auszulegen. Es 
kann dies nicht nur im einzelnen Falle, sondern auch durch eine 
allgemeine Anordnung, die ein für allemal eine bestimmte Inter- 
pretation feststellt, geschehen. Die Grenzen des Rechtes zum Erlasse 
dieser Art von Ausführungsverordnungen ergeben sich aus dem Be- 
griffe der Gesetzesauslegung. Diese ist wie jedes Urteil ein logischer 
Schlußsatz, sie setzt einen gegebenen Tatbestand und eine gegebene 
Rechtsnorm voraus, der sie den Tatbestand im Wege der logischen 
Folgerung subsumiert. Die Ausführungsverordnung darf also keine 
neuen Rechtsvorschriften aufstellen, sondern nur die in dem Gesetze 
enthaltenen entwickeln. Die in der Verordnung enthaltene Art der 
Auslegung ist maßgebend für den König selbst, bis er zu einer anderen 
Ueberzeugung gelangt und demgemäß seine frühere Verordnung ändert, 
sie ist aber auch unbedingt maßgebend für diejenigen Behörden, welche 
den königlichen Anordnungen, soweit diese nicht gesetzwidrig sind, un- 
bedingten Gehorsam schulden, und damit mittelbar für die Staats- 
angehörigen, soweit die gedachten Behörden das Recht zur Verwirk- 
lichung bringen. Solche Ausführungsanweisungen bezeichnete man 
früher als Instruktionens), jetzt meist als Anweisungen. 
ô„ ——— — — — — 
der Gesetzgebung als teilweise Aufhebung der die Unverletzlichkeit des 
Eigentums feststellenden Rechtsnorm stattfinden. Die englischen Private 
bills, obgleich sie genau denselben Zweck erfüllen, wie die auf Er- 
mächtigungsklauseln beruhenden Ausführungsverordnungen des preußi- 
schen Rechtes, sind daher nicht wie diese tatsächliche Anordnungen, 
sondern ihrem Wesen nach wahre Rechtsnormen, da sie den bestehenden 
Rechtszustand für Einzelfälle abändern. 
7!) Vgl. 8 22. 
8) Im Gegensatze dazu sind unter der absoluten Monarchie In- 
struktionen solche Rechtsnormen, die sich innerhalb des Behördenorga-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.